KROATIEN – Mordsschrecken und andere Kinderüberraschungen
Meterhohe Wellen, knarrende Schiffsplanken, ohrenbetäubendes Donnergrollen, ein violett-schwarzer Himmel durchzuckt von grellen Blitzen, das warnende Läuten der Schiffsglocke sowie der gehaltvolle Bass eines Nebelhorns … Wie erlebten wohl die großen Seefahrer der frühen Neuzeit mit ihren jeweiligen Besatzungen Stürme und Unwetter auf hoher See, wenn „Huracán“ – der einbeinige Sturmgott der Maya – seinem Unmut Ausdruck verlieh, indem er die zerstörerische Gewalt der Fluten auf die Menschen losließ.
Im Vergleich zu den großen Orkanen der letzten tausend Jahre war das herannahende Gewitter, das wir auf Dugi Otok erlebten, wohl nur eine leichte Brise mit Wetterleuchten.
Die Skulptur, die am Hafen des Fischerdorfes Sali auf Dugi Otok steht, soll wohl eher nicht an ein Nebelhorn erinnern, sondern vielmehr an die Hörner, mit denen man anno dazumal den Beginn der Jagdsaison auf den Blaufisch ankündigte.
Tatsächlich zog gegen Mitternacht ein heftiges Gewitter von Italien ausgehend über die Adria und Dugi Otok. Nun ist zwar die Wahrscheinlichkeit eines direkten Blitzschlags im Allgemeinen extrem niedrig, dennoch ist ein Stofflager mit Metallgestänge bei solch einem Wettergeschehen kein sicherer Ort. Die Männer des gesamten Campingplatzes inklusive meinem eigenen hatten die Abendstunden bereits damit verbracht, alle Zelte ordentlich abzuspannen, während wir Frauen herumliegende Gegenstände so verstauten, dass sie nicht nass oder vom Winde verweht werden konnten. Diese Vorbereitungsarbeiten waren auch erforderlich gewesen. Die Windstärke war beeindruckend und die Blitze rückten näher, als die Kinder schon längst im Zelt schliefen. Als die Einschläge immer dichter an unseren Standort herankamen, hievten wir die schlaftrunkenen Kleinen vorübergehend ins Auto und warteten auch selbst dort das schlimmste Geschehen ab. Erst als das Unwetter nach gut einer Stunde weiter Richtung Festland zog, verlegten wir unseren Schlafplatz wieder und genossen das laute Prasseln der Regentropfen auf der Zeltwand.
Als wir anderntags aufwachten und uns die Augen rieben, schien bereits wieder die Sonne. Die Singzikaden hatten ihr vielstimmiges, lautstarkes Zirpen wohl wetterbedingt einen Tick später angefangen als üblich. Wer weiß, wo sie sich des Nachts verkrochen hatten? Aber nicht nur die im Sommer stets präsenten kroatischen Sänger krabbelten wieder aus ihren Verstecken, sondern auch andere sechsbeinige Kollegen, die wir so noch nie zuvor zu Gesicht bekommen hatten.
Nur an einem Morgen unseres etwa zehntägigen Aufenthalts auf Dugi Otok wurden wir nicht vom eintönigen Zirpen der Zikaden, sondern von einem nicht weniger monotonen, tiefen Brummen geweckt, das einfach nicht aufhören wollte. Verschlafen trat ich aus dem Zelt, machte mich rasch frisch und folgte dem unbekannten Geräusch. Als ich den Verursacher des Radaus ausfindig gemacht hatte, holte ich sofort die Jungs. DAS mussten sie sich einfach ansehen!
Dugi Otok verfügt über keine natürlichen Süßwasserquellen. Regenwasserzisternen sind ein Muss für all jene, die auf der Insel dauerhaft leben. Vor allem in den Sommermonaten erfolgt die Trinkwasserversorgung zusätzlich über Wassertransporte aus Zadar.
Mit Schwimmrohren und kräftigen Pumpen wird hektoliterweise Wasser aus dem Zisternenboot „Zrmanja“ in die örtlichen Wassertanks gefüllt. An jeder Ecke wird man – auch (oder besonders) als Tourist – aufgefordert, sorgsam mit dem lebensnötigen Nass umzugehen. Duschzeiten sind begrenzt und auch beim Geschirrspülen werden klare Empfehlungen ausgesprochen, sodass kein Tropfen sinnlos vergeudet wird.
Auf die Idee, seinen fahrbaren Untersatz mit Trinkwasser zu waschen, kommt auf Dugi Otok bestimmt niemand.
Und auch in den meisten Lebensmittelgeschäften fährt man nicht – wie bei uns üblich – im Stundentakt mit der Scheuersaugmaschine durch die Gegend, um ja alle Hygienestandards penibelst einzuhalten. Abgesehen davon, dass man die schmucklosen Eingangstüren diverser Minigreißler in irgendeinem ebenso schmucklosen Hinterhof erst einmal finden muss, …
… kann man nach Eintritt in die kuriose Welt kroatischer Nahversorger im besten Fall den jeweiligen Inhaber dabei beobachten, wie er zum altmodischen Zimmerbesen greift.
Wie gut, dass die Natur über eine effiziente Selbstreinigungsfunktion verfügt.
In dieses perfekt vorbereitete maritime Badezimmer verirren sich nicht nur „Grünschrecken“, …
… sondern auch Grünschnäbel.
Kleiner Tipp: Wenn man das Zelt zum Schlafen erst bei vollständiger Dunkelheit betritt, sehen schwarze Kinderfüßchen wunderbar sauber aus 😉