FreiBrief
Freie Meinung - Politik & Philosophie
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Lob des (N)normalen … Krankseins
In Zeiten sich täglich wiederholender, medizinischer Superlative in Politik und Medien gibt es eine erstaunliche (aber nicht überraschende) Korrelation zwischen Menschen mit dramatischen Krankheitsverläufen eigentlich banaler Erkrankungen und dem Vertrauensgrad in staatliche Würdenträger und ihre Schergen. Man darf sich die Frage stellen, ob sich aus dem Grundsatz „primum non nocere“ möglicherweise das letzte Wort rausschlich und seitdem sein Unheil als „Nocebo-Effekt“ just unter jenen Menschen treibt, die den weißen Kittel (in der 0815-Ausgabe) immer schon ganz gerne zum Gott hochstilisierten oder zumindest seine Unfehlbarkeit in medizinischen Belangen unterstellten. Das macht natürlich nur vor dem Hintergrund einer zum reinen Wirtschaftsfaktor verkommenen Medizin Sinn, deren Betreiber und Berater ihrerseits über die Jahre…
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Vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis …
Der offizielle Lehrplan der Volksschulen in Österreich beginnt im ersten Teil mit wundervollen allgemeinen Bildungszielen, zu denen niemand wirklich „nein“ sagen kann, allen voran: „Ausgehend von den individuellen Voraussetzungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler, hat die Grundschule daher folgende Aufgabe zu erfüllen: Entfaltung und Förderung der Lernfreude, der Fähigkeiten, Interessen und Neigungen; …“ Das unterstreiche ich vollinhaltlich. Wie das in der Praxis umgesetzt werden kann, wenn ein möglicherweise nicht ganz so idealistischer Pädagoge auf sechsundzwanzig Kinder ganz unterschiedlicher Fähigkeiten und Interessen stößt, bleibt dabei aber im Unklaren. Mir gelingt es als Mama von vier Kindern ja nicht einmal, jeden Tag nur solche Mahlzeiten auf den Tisch zu stellen, bei denen…
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WIEN – Schönbrunn zwischen Kitsch, Romantik und verloren geglaubten Autoschlüsseln
Lange, bevor unser erstes Kind das Licht der Welt erblickte und meine ersten Haare begannen, weiß zu werden, „entführten“ wir die Mutter meines Mannes einen Tag lang nach Wien. Ilona war eine fröhliche Frau mit rotem Haar und frechen Sommersprossen auf der Nase, gerne unter Menschen und lieber auf Reisen als ihr bodenständiger Mann, der Urlaub in der Werkstatt oder im Schrebergarten bis heute vorzieht. Noch nie zuvor war sie in der Hauptstadt gewesen und viele Jahre später schwärmte sie immer noch von dieser Vergnügungsfahrt. Nun waren wir mit unseren vier Kindern in der Stadt an der „schönen, blauen Donau“. Als uns kurz nach unserer Ankunft die traurige Nachricht erreichte,…
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Weißes Haar und knittrige Haut
„Mama, die Oma war ja immer so viel in der Kirche und hat gebetet. Weißt du, ich hoffe, sie hat bis zum Schluss an das glauben können, was sie sich für die Zeit nach dem Tod vorgestellt hat“, meinte meine 12-jährige Tochter am Samstagabend zu mir, nachdem sie erfahren hatte, dass ihre Großmutter diese Welt verlassen hatte – genau während unserer Wienreise. In ihrer Hand lag ein Bild von Oma, mit Buntstiften fein säuberlich gezeichnet, das sie eben so darstellte, wie sie beim letzten Besuch im Krankenhaus ausgesehen hatte. Unser dreijähriger Zwerg hüpfte – naturgemäß von der traurigen Stimmung im Raum größtenteils unbehelligt – umher und übte seinen neuen Wortschatz:…
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Im Krieg ist die Wahrheit das erste Opfer
Ich muss gestehen: Zeitgeschichte interessierte mich viel zu lange überhaupt nicht. Nachdem ich Ende der 90er Jahre maturiert und mit meinem Mann in jungen Jahren unser Unternehmengegründet hatte, war ich ganz zufrieden damit, über die hohe Steuerbelastung und die eine oder andere soziale Ungerechtigkeit zwar zu meckern, mich aber dennoch vom Staat beherrschen undausnehmen zu lassen. Das gesellschaftlich anerkannte „Wås soll ma denn schon groß måch’n?“, das mich in meiner ganzen Jugend seitens meiner Verwandtschaft begleitet hatte, war – gepaart mit der kärntnerischen Bequemlichkeit – in meinem Kopf dermaßen verfestigt, das ich politisches Hinterfragen (oder gar Aufmucken) als nicht lohnende Mühsal empfand. Mein Mann tickte da immer schon anders. Brennend…
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Besichtigung einer Großbäckerei – Wirtschaftskunde in der Praxis
Einer der größten Mängel unseres Bildungssystems ist der fehlende Bezug zur Realität. Hinter meist verschlossenen Türen füllen die Kinder beispielsweise Arbeitsblätter über die Bestandteile des Löwenzahns aus anstatt ihn auf der Wiese aus der Nähe zu betrachten, zu riechen, zu erfühlen und im Gespräch mit anderen wie von allein zu erfahren, wie er aufgebaut ist. Diese Situation bessert sich leider auch nicht in der Sekundaria. Maja (12) soll sich in diesem Jahr erstmals mit den Grundzügen unseres Geld- und Wirtschaftssystems auseinandersetzen. In der Theorie. Auf 18 Seiten werden den Jugendlichen Fachbegriffe des Kapitels „Gütererzeugung in Gewerbe und Industrie“ ohne jeglichen Bezug zur Praxis entgegengeschmettert. Ich halte von dieser Herangehensweise wenig.…
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SLOWENIEN – Herbstlich eingepackt am Jasna-See
Das Leben im Dreiländereck Österreich-Italien-Slowenien ist so facettenreich, wie es nur sein kann. Jeweils nur wenige Minuten Autofahrt trennen uns einerseits vom rustikalen Windischen und andererseits vom hitzigen Italienischen. Je nach Laune und Tagesverfassung zieht es uns auch gerne für einen Tagesausflug in die eine oder andere Richtung. Vor dem Hintergrund eines besonders sommerlichen Herbstes verwundert es auch nicht, dass wir dieser Tage noch mit kurzärmeligen Leiberln (österreichisch für das deutsche „Hemd“ bzw. für das englische „T-Shirt“) unterwegs sind – zumindest, wenn die Sonne scheint und damit nicht nur unsere Gemüter erwärmt werden. Bloß im Schatten spürt man die herannahende kühle Jahreszeit. Perfekte Umstände, um mein selbst gehäkeltes Probe-Dreieckstuch auszuführen.…
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Gibt’s zu viel Marotten im Staat …
dann iss eine Gabel Karottensalat. So lautet schon eine alte Kärntner Bauernweisheit. Und da das „Land am Strome“ seine Energie aus Wasserkraft offenbar steuerschonend gegen Atomkraft aus dem Ausland eintauscht, Energiepreise ohnedies neuerlich europaweit gewürfelt statt kalkuliert werden und sich die Medien mit Schlagzeilen über drohende Blackouts gegenseitig übertrumpfen, beschlossen wir, unseren großen Gefrierschrank suzessive zu leeren und neue Vorräte für den nahenden Winter zwar mit Strom herzustellen, aber wenigstens ohne Strom zu lagern. Auf gut Deutsch: Einkochen ist wieder hip im Hause Amplatz. Im eigenen Garten hatten wir zwar auch Karotten angebaut, die wurden und werden aber in aller Regel frisch aus der Erde direkt verspeist. Größere Mengen an…
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Der König der Pilze und das Huhn mit dem lockigen Haar
Im letzten Beitrag schilderte ich euch bereits mein Dilemma des Unwissens, was die Welt der Pilze betrifft https://belinda.amplatz.today/freigeist/gluecks-pilze/ Meine Motivation war hoch, die Anzahl der eindeutig und sicher von mir bestimmbaren Pilze zu verdoppeln. (Kleiner Exkurs in den Bereich „Propaganda und Meinungsmanipulation“: Mit dem soeben von mir angewandten Trick des Weglassens der relevanten Basis iZm einer rechnerischen oder statistischen Angabe arbeiten auch Politik und Medien regelmäßig.) Also gut, ich bin ehrlich. Bisher konnte ich lediglich zwei Speisepilze im Wald zuverlässig bestimmen: Parasol und Eierschwammerl. Als mein Mann kürzlich bei Freunden auf den Ossiacher Tauern zu Besuch war und sie gemeinsam auf Pilzsuche in den Wald gingen, beschrieb er mir nach…
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„Lass uns Indianer spielen!“
Was für eine böse, rassistische, abwertende Überschrift! Gendergerecht müsste man ja zumindest „IndianerInnen“ schreiben. Und wollte man die kindlich-naive Aufforderung zum simplen Spiel „Verstecken-Zielen-Abschießen-Marterpfahl-Befreiung-Friedenspfeife“ auch noch gemäß dem Zeitgeist politisch korrekt formulieren, hieße es vermutlich: „Lass uns das Leben nordamerikanischer IndigenerInnen für einen beschränkten Zeitraum nachahmen!“ Aber Vorsicht! Dauert das Spiel allzu lange, könnte man den Eindruck kultureller Aneignung erwecken. Und aufpassen! Ja nicht das böse „I-Wort“ im Spiel verwenden! Ihr seht: Es fällt mir schwer, bei all dem Irrsinn, der sich (vor allem) medial abspielt, die angemessene Ruhe zu bewahren. Stundenlang könnte ich mich über die Vergewaltigung unserer Sprache echauffieren. Wie sich durch Sprechverbote, Kultur-Zensur und krampfhaft aufoktroyierte Genderlinguistik…