FreiGeist

Freie Bildung und häuslicher Unterricht in Österreich

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    Hinter den Kulissen

    Vorlesestunden aus guten Büchern mögen nicht nur für den Zuhörer ein Gewinn sein, sondern auch dem Rezitator Vergnügen bereiten. So kommt es, dass dafür bei uns nicht nur Bilderbücher aufgeschlagen werden, sondern auch anspruchsvollere Werke, die dennoch immer ihr kleines Publikum finden. Wissend, dass das Stadttheater Klagenfurt in der Vorweihnachtszeit Michael Endes Klassiker „Momo“ aufführen würde, begann ich im Herbst, aus dem Buch vorzulesen – zur Einstimmung sozusagen, denn die Karten für das Theater hatte ich natürlich frühzeitig besorgt. Am Abend vor der Darbietung gestattete das Theater – unabhängig vom Schauspiel – wieder einmal einen Blick hinter die Kulissen. Vor Jahren war ich bereits einmal mit unserem ältesten Sohn Gast…

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    Leise sprießelt der Klee …

    So richtig will der Winter ja wieder einmal nicht in Fahrt kommen. Dabei liegt es gar nicht so sehr an den Temperaturen, sondern schlicht an konsequentem Niederschlagsmangel. Die Kinder jubeln schon, wenn über Nacht die Wiesen wenigstens ein bisschen angezuckert werden. Aber auch das ist eher der Ausnahmefall. „Dann holen wir uns den Winter eben ins Wohnzimmer“, war mein Gedanke und Merlin (5) war gleich Feuer und Flamme. Er liebt es zu malen, bevorzugt in Gesellschaft. Und da seine Geschwister nicht zu Hause waren, griff kurzerhand ich selbst zum Pinsel. Er beobachtete mich ganz genau und imitierte Schritt für Schritt, was ich tat. Es war schlicht sein Wunsch, es mir…

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    Hab‘ letztens einen Chemiewitz erzählt. Keine Reaktion.

    Meine frühe Idee eines interessanten Chemieunterrichts an einer höheren Schule beinhaltete vor allem laute Explosionen, stinkende Rauchschwaden und einen Professor im weißen Kittel mit verrußten, zu Berge stehenden Haaren sowie versengten Bartstoppeln. Nach dem Abbruch des Gymnasiums war ich in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts an eine BHS mit dem Schwerpunkt Wirtschaft, Chemie und Umweltökonomie gewechselt und war voller Vorfreude auf das Fach „Chemielabor“ gewesen. Bittere Enttäuschung und niederschmetternde Ernüchterung machten sich schon Wochen nach dem Schulwechsel in mir breit. Mitnichten verbrachten wir die Laborstunden – wie ich es mir ausgemalt hatte – ausschließlich mit praktischen Experimenten, sondern überwiegend mit Papier und Bleistift, um die Chemietheorie weiter zu vertiefen…

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    Warum Rentiere fliegen können …

    Wie auch immer man die teils stürmische Zeit nennen mag, die in Europa durch besonders lange Nächte und eisige Temperaturen ausgezeichnet ist, so liegt ihr in jedem Fall eine gewisse Mystik zugrunde. Julfest, Weihnachten, Raunächte, Wintersonnenwende … Heidnisches vermischt sich mit Christlichem und so manche rituelle Überschneidung lässt sich aus den zahllosen Märchen, Sagen und Legenden herauslesen, die in unzähligen frostigen Winternächten bildreich erzählt und aufgeschrieben worden waren. Die „Wilde Jagd“ ist eine dieser Geschichten. Ob nun der einäugige germanische Gott der Erkenntnis Odin oder Frau Perchta, die alpenländische Göttin der Anderswelt, zum Protagonisten der jeweiligen Erzählung auserkoren wird, stets wird ein Seelenheer der Verstorbenen angeführt und ist den Lebenden…

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    Guten Tag, ich bin der Nikolaus …

    Meine treuen Leser haben gewiss schon bemerkt, dass ich mit meinen London-Beiträgen ein klitzekleines bisschen hinterher hinke. Die letzten drei Berichte werden in Kürze hier zu lesen sein – mit nur knapp anderthalb Monaten Verspätung. Der Alltag hatte mich nach unserer Rückkehr sofort wieder fest im Griff und so einiges ist innerhalb der Familie im Um- und Aufbruch. Verzeiht also bitte, wenn die Chronologie der Ereignisse nicht ganz gewährt ist. Halbwegs aktuell bin ich aber mit meinem heutigen Thema, das ich kurzerhand einschiebe, um euch mit unserer feierlichen Adventstimmung nicht erst zur Sommersonnenwende anzustecken – obwohl ja der Grundsatz „nach Nikolaus ist vor Nikolaus“ gilt und alles wohl halb so…

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    Vom Korn zum Brot

    Was die Externisten in Österreich – also jene Schulkinder, die nicht regulär zur Schule gehen, sondern außerhalb des öffentlichen Bildungswesens lernen dürfen – leisten, verdient absolute Hochachtung. Die Externistenprüfungen dienen bei weitem nicht mehr der reinen „Feststellung der Gleichwertigkeit“ im Vergleich zum regulären Unterricht, obwohl dies in Wahrheit der gesetzliche Auftrag wäre. Gerade in der Sekundarstufe treiben die Prüfungen oftmals seltsame Blüten. Man möge mir vor allem in den sogenannten „Lernfächern“ zeigen, dass alle Schulkinder an allen öffentlichen Schulen im Juni die gesamten Lerninhalte des Jahres beherrschen und daraus – ohne jegliche vorherige Stoffeingrenzung – innerhalb von 15 Minuten zwei von drei x-beliebigen Fragen vor einer fremden Prüfungskommission beantworten können,…

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    Garben aus Klimt

    Als wir uns bei unserer kurzen Bildungsreise nach Wien mit der Architektur des Jugendstils beschäftigten, stolperten wir natürlich über kurz oder lang auch über die Werke des Malerfürsten dieser Epoche, Gustav Klimt. Obwohl unsere Tochter (13) in den Wochen nach unserer Heimkehr die künstlerische Ära des angehenden 20. Jahrhunderts eigentlich wieder ad acta gelegt hatte, kramte sie die Stilelemente Klimts im Rahmen ihres Getreideprojektes wieder hervor. Sie war eingeladen, an ihrer Prüfungsschule einen Vortrag zum Thema zu halten und fertigte in diesem Zusammenhang auch ein Lapbook an, das ich euch in Kürze in einem eigenen Beitrag vorstellen darf. Bei der Gestaltung des Titelbildes zum Lapbook orientierte sie sich vornehmlich an…

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    Der Baum der Jugend

    Ihre weiße Rinde dient der Menschheit schon seit tausenden Jahren. Dünne Streifen davon sind selbst in feuchtem Zustand mehr als brauchbarer Zunder für ein wärmendes Feuer. Als vielseitiger Werkstoff für die Herstellung unterschiedlicher Gefäße, Schuhe oder Messerscheiden wird sie seit jeher von vielen Kulturen geschätzt. Das aus der Rinde gewonnene Pech macht jedem modernen Sekundenkleber Konkurrenz. Seit dem Mittelalter ist sie außerdem als Naturheil- und Verbandmittel bekannt. Man kann mit ihr Dächer eindecken und Bögen bespannen. Die Rede ist von der Rinde der Birke, dem Baum des Neuanfangs und der Jugendlichkeit. Wenn die Birkenblätter nach dem Winter in einem erfrischend hellen Grün zu sprießen beginnen und gleichzeitig das Licht fast…

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    Geschickt gestickt (oder: „Nach Ostern ist vor Ostern“)

    Ich nehme ja an, dass neuerdings eine subtile Ankündigung der frühen Wechseljahre´diese gewisse Form von Demenz bewirkt, die meinen privaten Alltag kennzeichnet. Da werden in letzter Zeit Autoschlüssel verlegt, Geburtstage vergessen oder Kinder im Pyjama zum Ausflug mitgenommen. Zumindest kann da diese hochgradig intellektuell klingende (und vermutlich absolut unwissenschaftliche) Erklärung (Östrogenmangel im Hippocampus) praktischerweise als Ausrede herhalten, wie es zuvor eben das lange Stillen meiner Kinder tat. Das Eingeständnis primitiver Zerstreutheit hat so etwas … Vulgäres. Also lieber lassen. Seid euch einfach gewiss, dass es ganz bestimmt die Hormone waren, die mich in diesem Beitrag ein Oster-Werkstück unseres Drittgeborenen Ende Mai präsentieren lassen. Ich entführe euch infolgedessen kurzerhand noch einmal…

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    WIEN – Krieg gehört ins Museum

    Unsere kurze Bildungsreise nach Wien neigte sich bereits dem Ende zu. Nach einem ausgiebigen Frühstück mit liebgewonnenen Freunden im altehrwürdigen Café „Goldegg“ spazierten wir gemeinsam zum Heeresgeschichtlichen Museum. Das eindrucksvolle Gebäude bestehend aus sage und schreibe 117 Millionen Ziegeln zeugt selbst von einer nicht minder beeindruckenden Geschichte, die in die Zeit der bürgerlichen Revolution des Jahres 1848 zurückreicht. Um gegen mögliche zukünftige Aufstände der Bevölkerung vorgehen zu können, wurde die Errichtung einer Militärkaserne in Kanonenschussweite zur Innenstadt beschlossen und diese unter Kaiser Franz Josef I. im Jahr 1856 fertiggestellt. In der Feldherrenhalle erwartete uns inmitten der sechzig Offiziere aus Carrara-Marmor eine junge Historikerin, die uns im Rahmen der vorab gebuchten…