Kitsch und Dirndl – Villacher Kirchtag
Zwei Jahre lang fiel durch eine meines Erachtens nach politisch-medial verursachte kollektive Mysophobie der Villacher Kirchtag aus. Man muss das schon verstehen. In der ersten Augustwoche ist ja immer Hochkonjunktur für virale Infekte. Nicht. Aber sei’s d’rum. In diesem Jahr fand die Brauchtumswoche jedenfalls wieder statt.
Nachdem unsere beiden großen Kinder durchaus schon einmal eine Runde ohne elterlichen Anstands-Wauwau, dafür mit ihren Freunden, durch den Vergnügungspark ziehen, genügte es heuer, dass wir einzig am Sonntag einen gemeinsamen Familien-Kirchtags-Ausflug unternahmen, was unsere Brieftasche sicher mit Dank quittiert hätte, wäre sie des Sprechens fähig.
Maja (11) führte ihr originales Kärntner Dirndl aus – eine Maßanfertigung des Traditionsbetriebes „Trachtenmoden Isola“ an der Villacher Draupromenade. Kombiniert mit ihren komfortablen, gut eingelaufenen Sneakers fühlte sie sich pudelwohl.
Und Linus (8) ist ohnedies immer für jeden Schabernack zu haben.
Wir trotteten an der Lederergasse vorbei über den Hauptplatz.
Schon am Oberen Kirchenplatz wurde die Menschenmenge dann größer. Ausgelassen wurde getrunken, gegessen, gequatscht und gelacht. Kirchtagssuppe, Laugenbrezerl und Zuckerwatte fanden reißenden Absatz. Am Hans-Gasser-Platz angekommen ergriff uns zunehmend der Sog der Abenteuerlustigen. Leider war die Drachen-Achterbahn – jedes Mal wieder ein Fixpunkt für Maja und Linus – schon außer Betrieb. Für den Sonntagnachmittag war Regen angesagt gewesen. Möglicherweise hatte der Betreiber dieses Fahrgeschäfts deswegen seine Schranken am letzten Tag gar nicht mehr geöffnet (Anm.: Der Regen blieb aus.)
Auf dem Weg zum nächsten Ziel der beiden mittleren Kinder – der Geisterbahn – passierten wir das Auto-Karussell. Merlin (gerade 3 geworden) kannte ja bis dahin weder Veranstaltungen wie den Kirchtag noch jedwede Fahrgeschäfte. Als wir ihm das Karussell zeigten, war er nicht mehr zu halten. Die erste Runde beobachteten wir Eltern nervös unseren jüngsten Spross. Beim kleinsten Anflug von Angst oder Unsicherheit hätte er es auch gewiss zustande gebracht, während der doch recht schnellen Fahrt einen Ausstiegsversuch zu unternehmen. Doch nichts dergleichen! Äußerst souverän thronte er auf seinem Traktor, lenkte und hupte und war einfach nur glücklich.
Maja und Linus trauten sich tatsächlich, mit der Geisterbahn zu fahren und wechselten unmittelbar im Anschluss daran zum Autodrom für Große. Beim Kinderautodrom sei es ja nur langweilig, betonten sie.
Ich bin ja froh, dass sich alles noch im gemäßigten Rahmen abspielte. Linus (8) gehört nämlich durchaus zum Typus „Draufgänger“. „Boah, damit will ich auch fahren“, meinte er zum Beispiel, als wir diesen schonungslosen, magenumdrehenden Kopfüber-360-Grad-Herumwirbler mit dem treffenden Namen „Panic“ sahen:
Gottlob ist Linus noch ein paar Zentimeter zu kurz, um einsteigen zu dürfen (140 cm Körpergröße erforderlich) – was für ein Glück für das Mamaherz. Vorerst muss er sich wohl noch mit dem Riesenrad begnügen, wenn er einen Blick über die Stadt werfen will.