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KÄRNTEN – Hoch über dem Drautal

In diesem Jahr macht der April seinem Namen alle Ehre. Gab es am Ostersonntag noch Sonnenschein und warme Frühlingstemperaturen, hätte man dem Ostermontag durchaus auch einen grau-bewölkten Herbsttag abgekauft. Nichtsdestotrotz waren meine zweite Hälfte und ich hoch motiviert, in einem unerklärlichen Anflug von Frühlingsgefühlen (und gewahr der Tatsache, dass mit Fortschreiten der Jahreszeit und damit einhergehender Reduktion der Bekleidungsmengen jegliche Ernährungssünden des Winters mehr als augenscheinlich werden) gleich ein paar Höhenmeter zu machen und uns für den Sommer wieder in Form zu bringen.

Wir fuhren mit unseren beiden jüngeren Söhnen gemütlich über Tscheuritsch und Fresach ins kleine Bergdorf Amberg hoch über dem Drautal. Ausgehend vom „Koflerhof“ auf etwa 1.300 m Seehöhe entschieden wir uns – trotz aller Ambitionen – für den kürzeren Wanderweg und gegen die Rundwanderung über den „Palnock“. Die Bergsteigerregel „Das schwächste Glied bestimmt Dauer und Schwierigkeit einer Wanderung“ nahmen wir bei der bestehenden Wetterlage tatsächlich ernst, obwohl unser jüngster Spross mit seinen fünf Jahren durchaus schon beachtliche Strecken (auch im Gelände) schafft.

Fichte mit zahlreichen Kropfwucherungen

Auf den ersten Metern waren alle gut gelaunt, doch das Blatt sollte sich schnell wenden. Merlin (5) bediente sich gleich zu Beginn des Weges ausgiebig am mitgeführten Wasser aus Linus‘ Rucksack. Dieser wiederum wollte – als Wasserträger – Verantwortung für die gesamte Truppe übernehmen und die Flüssigkeitsmenge einteilen. Die Information, dass es entlang des ausgeschilderten Weges Nr. 178 mehrere Quellen gab, fehlte ihm aber, um die Situation gut einschätzen zu können. Seine Reaktion war so, wie sie eben unter Kindern geschieht: ein grimmiger Blick, ein „zufälliges“ Schubsen und ein Tritt gegen das Bein seines kleinen Bruders in einem Moment, in dem vermeintlich keiner hinsah. Da mit mir die Mutterhormone („Oh mein Gott, er hat mein jüngstes Kind getreten!“) und der damit verbundene Schutzinstinkt durchgingen, übergab ich die Klärung der Lage an meinen Mann und schritt voran.

Nach vielleicht zehn Minuten waren die Wogen wieder geglättet und die gute Laune beinahe vollständig zurückgekehrt. Die Abzweigung des markierten Weges von der monotonen Forststraße zum doch recht steil ansteigenden Pfad durch den Wald weckte in den Kindern die Abenteuerlust, und die kleinen Zwistigkeiten von vorhin waren in der Tat schon wieder vergessen.

Wanderweg Nr. 178: links hinauf!

Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich für meinen Teil konnte noch nie nachvollziehen, warum in diversen Reisebroschüren „kinderfreundliche Wege“ gleichbedeutend mit „Bergautobahnen“ sind. Ich unterstelle einmal, dass die allermeisten Kinder schmale, steinige Pfade voller Wurzeln und Moos der kinderwagentauglichen Schotterstraße vorziehen. Doch vielleicht irre ich mich? Unsere Kinder lieben es jedenfalls, möglichst verschlungenen Steigen zu folgen, Bächen entlangzulaufen und Gatter zu queren.

„Boah, Mama, schau mal! Schaut aus wie ein Wildschwein, oder?“, rief Linus, der schon ein ganze Stück vorausgelaufen war.

„Wildschwein“

Auf einer kleinen Almweide begutachteten die Kinder die um diese Jahreszeit noch unbenutzten Hütten mit ihren Futterraufen und spekulierten darüber, welche Tiere diese üblicherweise beherbergten.

Zwischen den vertrockneten Grasbüscheln des Vorjahres blitzten violette und weiße Krokusse hervor.

Der Ausblick auf das Drautal, das Goldeck, die Gailtaler und die Karnischen Alpen büßte trotz Wolken nichts an seiner Imposanz ein. Wie eine wärmende und schützende, weiche Decke lag das Grau über dem Tal und vermittelte auf gewisse Art ein Gefühl der Geborgenheit.

Bis zur Amberger Alm war es nicht mehr weit. Die Jungs tranken genüsslich das eiskalte Bergwasser und Merlin (5) ließ sein „Boot“ im Trog fahren, bis es mit Wasser vollgesogen und seine Finger steif vor Kälte waren.

Nur wenige Minuten später erreichten wir auch schon den Schwarzsee. Nach einem niederschlagsarmen Winter überraschte der niedrige Wasserpiegel nicht.

Da ein ungemütlich kalter Wind aufgezogen war, suchten wir uns eine kleine Senke südlich des Sees und genossen die mitgebrachte Jause. „Mama, wie machst du das eigentlich, dass die Brote immer so viel besser schmecken als die, die ich mir selber richte?“, schmeichelte mir Linus. Ich bin ja der Überzeugung, dass nach einer anstrengenden Wanderung jegliches Essen köstlicher erscheint.

Blick nach Süden von unserem Jausenplatzerl am Schwarzsee aus.

Satt und zufrieden war es Zeit, sich auf den Heimweg zu machen. Wo es uns wohl das nächste Mal hintreiben wird?

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