Jå, mir san mit’m Radl då!
Endlich ist der Frühling da! Die Temperaturen steigen, und der Winterspeck ist unter den lockeren Shirts und Tanktops viel sichtbarer als unter den dicken Strickpullis der letzten Monate. Da ist die Motivation groß, die vernachlässigten Muskeln einmal gründlich zu entstauben. Es brauchte zwar einiges an Überredungskunst, auch den dauerübermüdeten Alles-Ist-Doof-Außer-Zocken-Und-Essen-Teenager auf’s Fahrrad zu bekommen – schlussendlich „überzeugte“ ihn aber meine Dann-Eben-Nicht-Taktik.
Linus (8) war auch zuvor schon mit dem Fahrrad bis zum Spielplatz am Wasenboden geradelt. Dieses Mal sollte das nur ein Etappenziel sein.
Die Sonnenstrahlen hatten viele Menschen an diesem Sonntag rausgelockt. Omas begleiteten ihre Dreirad fahrenden Enkelkinder und ignorierten weitestgehend ihre (absichtlich?) zurückgefallenen Männer. Unter der CCV-Brücke lungerten zwei blauhaarige Jugendliche mit Springerstiefeln herum und starrten auf ihre Smartphones. Die „Drau-Rast“ war gefüllt mit lebensfrohen Jungen und Alten, die bei Aperol und Bier lachten und plauderten, als ob es die letzten beiden Corona-Jahre nie gegeben hätte. Immerhin war der „Freedom Day“, der in Wahrheit gar keiner war, am 5. März 2022 vom zweiten Gesundheitsminister der letzten zwei Jahre ausgerufen worden und endlich waren Masken, 2G und sonstige Einschränkungen zumindest in der Gastronomie Geschichte. Dass dieser vorgetäuschte „Tag der Freiheit“ am 24. März 2022 vom dritten Gesundheitsminister der letzten zwei Jahre wieder zurückgenommen werden sollte und somit die ganze Freude nur Schall und „Rauch“ war, wusste man da noch nicht. Wie schön ist doch die Unwissenheit darüber, was die Zukunft bringen mag!
Am Spielplatz tobten sich vor allem unsere jüngeren Kinder erst mal so richtig aus und mampften die mitgebrachten Gurken- und Karottenscheiben. Im Anschluss daran ließ sich jeder in einer anderen Ecke nieder und genoss noch ein wenig das Frühlingswetter, bevor es wieder an die Pedale ging.
Die zweite Etappe zum Silbersee war geprägt von unseren Beobachtungen des Biberverbisses entlang der Drau. Spannenderweise konnten wir keine weitere Biberburg ausmachen.
Am Ziel angekommen, kippte dann die Stimmung leider ein wenig, was vor allem unseren großen Kindern geschuldet war. Warum sollte ein Großfamilien-Sonntag auch komplett spannungsfrei verlaufen? Der Älteste (14) beklagte sich, dass wir eine Weltreise vornehmen und so ein Teenagerkörper im Wachstum die ganzen Strapazen nicht aushalten könne. Er plädierte für die sofortige Heimkehr. Unsere „Henne im Korb“ (11) bestand darauf, dass ein Familien-Fahrrad-Ausflug nur dann ein solcher wäre, wenn die ganze Gruppe jedenfalls immer eng zusammenbliebe und keine größeren Lücken zwischen den Fahrradfahrern entstehen würden. Alle Argumente, dass unser Sechser-Trupp dafür viel zu unterschiedlich in Können, Ausdauer und Stärke aufgestellt und die logische Konsequenz daraus sei, dass sich eben eine schnellere und eine langsamere Gruppe herausbildeten, wurden mit laut schnatternden Beschwerden quittiert. Und überhaupt drehe sich ja immer alles um ihren nächstjüngeren Bruder.
Der ganz normale Wahnsinn war also unser Begleiter. Dennoch: Irgendwie lösten sich dann alle Problemchen in Luft auf. Laurin düste einfach Richtung Heimat voraus und kürzte somit die Weltreise zeitlich ab. Maja (11) war dann doch zufrieden, Papas schnellerem Fahrstil zu folgen und mit ihm zu quatschen statt an Mamas Rockzipfel zu hängen. Und ich zuckelte mit Linus (8) gemütlich hinterher und beobachtete, wie er müde und immer müder und sein Fahrstil immer unberechenbarer wurde. Für ihn war der Ausflug wirklich eine Herausforderung gewesen, die er grandios bis zur absoluten Erschöpfung gemeistert hatte, ohne auch nur ein einziges Mal gejammert zu haben.