FreiGeist

Schwarze Katze von rechts

Wenn unsere Kinder enthusiastisch mit nassen Farben egal welcher Art daherkommen, ergreift mein Mann regelmäßig die Flucht. Ich kann nicht mit Bestimmtheit sagen, welche Szenen sich da in seinem Kopf abspielen, doch müssen es beängstigende sein, die ihn dazu veranlassen, das Weite zu suchen. Ich bekomme zwar bei Kombinationen wie „Permanentmarker und Vierjährigem“ oder „Goldspray und Neunjährigem“ auch hie und da weiche Knie, Wasserfarben können aber meinen Puls nicht nach oben treiben.

Linus (9) war schon seit einigen Tagen in Halloween-Laune. In Ermangelung ausreichend großer Schnitzkürbisse, die ich erst noch zu besorgen hatte, beschloss er, etwas zu malen, um sein Zimmer passend dekorieren zu können. Es sollte aber nichts allzu Aufwendiges sein. „Vielleicht ein Gespenst? Eine Fledermaus? Ein Baum im Nebel? Kürbis! Ja, Kürbis! Oder nein, doch nicht. Ha! Ich hab’s! Katze! Ja! Katze! Katze ist immer gut!“

Einen Strohhalm in Bereitschaft pinselte er mit verhältnismäßig viel Wasser monochrom Körper, Kopf und Ohren auf ein buntes Blatt.

So weit, so gut. Da die Variante „Zombiekatze“ eher das Potential hatte, missglücken zu können, und Linus‘ künstlerische Frustrationstoleranz nicht sehr ausgeprägt ist, hatte er sich von vornherein auf die (im wahrsten Sinn des Wortes) haarsträubende Version festgelegt. Einmal tief Luft geholt pustete er mit aller Kraft senkrecht auf das Blatt und … war überrascht. Nichts hatte sich getan. Es brauchte ein paar ambitionierte Anläufe, bis Linus den richtigen Dreh raushatte.

Aber jetzt!

Und weil’s so lustig ist, gleich noch ein zweites Wuschel-Kätzchen …

Wasserfarben trocknen Gott sei Dank recht schnell – selbst dann, wenn so viel Wasser wie hier verwendet wurde. Linus hatte gerade Zeit, die leuchtenden Augen für seine beiden Samtpfoten vorzubereiten.

Die Interpretation überlasse ich dem gewogenen Leser …

Fertig sind die beiden Fellnasen! Und nicht vergessen: „Von rechts nach links, Glück bringt’s!“

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