FreiGeist,  FreiGepäck

Schokolade macht glücklich

Es gibt Familien, die ihren Kindern freien und uneingeschränkten Zugang zu Süßem gewähren. Es gibt Familien, die jeglichen Zucker komplett aus ihrem Alltag verbannen. Und dann gibt es uns. Gleich vorneweg: Es gibt zahlreiche Ausnahmen zu unserer Hausregel, denn Süßes im Rahmen von Festen oder eines anderweitigen geselligen Beisammenseins verwehren wir natürlich auch unseren Kindern (und uns selbst) nicht. Ein wenig Genuss darf das Leben schon bieten, wie ich finde, und in Gesellschaft naschen ist doppelt so schön. Auch macht der fahrende Eiswagen in den Sommermonaten gutes Geschäft mit unseren Kindern, wenn er sich wieder durch sein weithin hörbares Bimmeln ankündigt und die Straßen unseres Stadtviertels abfährt. Von all diesen speziellen Anlässen abgesehen, bemühen wir uns aber, Süßkram (dazu zählen bei uns auch süße Getränke oder Fruchtjoghurt) nur sonntags zu essen. Sonntag ist Süßigkeitentag. Das bedeutet, dass sich die Kinder nach jedem gesunden Essen eine beliebige süße Nachspeise holen dürfen, egal, was es auch für ein „Schund“ sein mag. Bis heute fühlt sich das stimmig an. Es ist kein kompletter Verzicht und dennoch eine Reduktion des überbordenden Zuckerkonsums, den man vielerorts beobachten kann.

Was aber machen schlaue Kinder, wenn sie derlei Regeln aufweichen wollen? Genau! Sie bringen gute Argumente! Linus (11) fädelte sein „Schokoladenprojekt“ möglicherweise nicht ganz ohne Hintergedanken ein. Ein Projekt ohne Verkostung ist ja kein richtiges Projekt 😉 Man muss schon wissen, wovon man spricht!

Dass unser Ausflug zur „Craigher Schokoladenmanufaktur“ in Friesach auf einen Freitag fiel, kam ihm da gewiss entgegen. Mit dem Zug machten wir uns auf den Weg nach Unterkärnten.

Die einstündige Fahrtzeit nutzte Linus und verfasste eine Anleitung zur Herstellung heißer Schokolade. Selbstverständlich plante er, das Rezept bald auszuprobieren.

Dass die mittelalterliche Stadt Friesach viel mehr als feine Schokolade zu bieten hat, war dem Jungen allerdings an diesem Tag einerlei. Zu sehr lockte der Duft nach Kakao, sodass er den immer noch beeindruckenden und wasserführenden Burggraben aus dem 13. Jahrhundert beinahe hastig überquerte, um schneller zum Ziel seiner kulinarischen Sehnsucht zu gelangen.

Vor Ort hatten wir tatsächlich das Glück, die Ausstellung vollständig für uns alleine zu haben.

Oft wird die beschauliche Erlebniswelt des Traditionsunternehmens von lärmenden, drängelnden Schulklassen nahezu geflutet. Dieses Mal hatten wir Gelegenheit, alle Stationen in Ruhe genießen und erleben zu können.

Wir gingen ausführlich der Frage nach, in welchen Ländern der Welt Kakaobohnen wachsen, …

… wie unterschiedlich Schokodrops schmecken können, …

… welche Zutaten erforderlich sind, bis aus der Kakaobohne fertige Schokolade wird und …

… wie sich ein Friesacher Familienbetrieb bis heute der Produktion hochwertiger Schokoladen verschrieb.

Der wunderschöne afrikanische Apothekerschrank, dessen Schubladen die Antworten zu den spannenden Fragen des Schokoladen-Quiz‘ parat hielten, zog Linus wie ein Magnet an.

So viel Kopfarbeit machte natürlich hungrig. Da kam der Verkostungstisch mit den zahlreichen Craigher Schokoladenspezialitäten gerade recht. Linus türmte sich jede einzelne Sorte auf das kleine Probierschälchen und kostete sich durch alle Variationen, bis ihm der Bauch fast platzte. Willy Wonkas Welt war uns zum Greifen nah!

Selig spazierten wir zum Ausgang der Ausstellung.

Selten waren wir uns so einig gewesen: Wir wollten KEIN Stück Torte in der angeschlossenen Konditorei mehr essen. Unser Schokoladenbedarf war erst einmal gedeckt – wohl auch über den nächsten regulären Süßigkeitentag hinaus. Aber ein kleines Mitbringsel für die Geschwister wanderte sehr wohl noch in den Rucksack.

„Friesacher Pfennig“ der Craigher Schokolademanufaktur

Für die Rückfahrt mit der Bahn hatte sich Linus das perfekte Buch eingepackt.

Zu Hause war das Kapitel „Schokolade“ mit unserer Exkursion noch nicht vollständig abgeschlossen. Ich hatte einen zum Thema passenden Legekreis vorbereitet. So konnten wir die einzelnen Produktionsschritte noch einmal nachvollziehen und unser neu erworbenes Wissen festigen.

Und zu guter Letzt bastelte Linus noch ein Lapbook, dessen Bestandteile wir ausnahmsweise nicht selbst gestaltet hatten. Manchmal darf es eben auch etwas ganz Unkompliziertes sein.

Nur mit dem Titelbild-Vorschlag war Linus dann doch nicht ganz glücklich. Er bevorzugte ein Ausmalbild, dem er geduldig mit Wachsmalkreiden Farbe verlieh. Macht Lust auf eine Tasse heiße Schokolade, findet ihr nicht auch? Unbestritten. Schokolade macht einfach glücklich.

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert