FreiGeist,  FreiGepäck

KÄRNTEN – Sammelsurium der Völker

Unser Bundesland hat eine bewegte Geschichte und war Siedlungsgebiet der unterschiedlichsten Völker. Mein persönliches Interesse gilt vor allem dem mächtigen keltischen Staat Noricum (ca. 300 v. Chr. bis ca. 15 v. Chr.) und auch der zeitlich darauf folgenden gleichnamigen römischen Provinz, welche aus den freundschaftlichen Beziehungen der Römer mit den Norikern hervorgegangen war. Während ich vom slawischen Karantanien mehr oder weniger nichts weiß, habe ich über die historischen Hintergründe ab der Zeit des Herzogtums Kärnten wenigstens rudimentäre Kenntnis, genug jedenfalls, um in den Augen meines 11jährigen Sohnes als „allwissend“ durchzugehen 😉

An dem Tag, an welchem wir den „Herzogstuhl“ in Maria Saal in natura ansehen wollten, war es bitterkalt. Minus zehn Grad Celsius zeigte das Thermometer um acht Uhr morgens an. Linus (11) und Merlin (5) hatten rote Wangen, rote Nasen und hauchten Nebelschwaden in die frostige Luft, während ich das Eis von der Windschutzscheibe unseres Autos kratzte.

Die Fahrt nach Maria Saal war kurzweilig. Wie so oft spielten wir das „Bezirke-Ratespiel“ anhand voraus- oder vorbeifahrender Autos. Am Ziel angekommen öffneten die Burschen die Autotür einen Spalt breit, wollten aber nicht so recht aussteigen. „Brrrrr, draußen ist’s ja immer noch so kalt“, beklagten sie sich, marschierten dann aber dennoch zum „Käfig“ des bekannten Kärntner Wahrzeichens, um den steinernen Doppelthron darin näher in Augenschein zu nehmen.

Das Lanzengitter rund um den Kärntner Herzogstuhl stammt ursprünglich aus dem Jahr 1834.

Die meisten Historiker gehen von einer Errichtung des imposanten Herrschersitzes im Kontext des Wandels der Grafschaft Karantanien zum Herzogtum Kärnten im Jahr 976 n. Chr. aus. Die seltenere Erzählung, dass es sich aber auch um eine druidische, also kultische, Steinsetzung handeln könne, da sich die Position des Herzogstuhls mithilfe von fünf regelmäßig angeordneten Berggipfeln bestimmen ließe, finde ich aber ebenso sehr charmant. Der slowenische Universitätsprofesser der Altertumswissenschaften Andrej Pleterski verfasste dazu den hochinteressanten Aufsatz „Die Kärntner Fürstensteine in der Struktur dreier Kultstätten“, der in deutscher Übersetzung verfügbar ist.

Linus war zufrieden damit, dass es sich schlicht um einen Ort mit historischer Bedeutung handelt. Die Legende über die altslawisch-bäuerliche Herzogseinsetzung auf dem Fürstenstein, der heute nicht mehr im nahe gelegenen Karnburg, sondern im Wappensaal in Klagenfurt zu finden ist, fand er spannender als zu viel Geschichtstheorie. Erst nach dieser doch recht bodenständigen Zeremonie und der Segnung in der Kirche Maria Saal soll die Einkleidung und Inthronisation des neuen Herzogs auf dem karantanischen Herzogstuhl stattgefunden haben.

Herzogstuhl in Maria Saal

Dem Dörfchen Karnburg statteten wir dennoch unmittelbar nach der Besichtigung des Herzogstuhls einen Besuch ab. Immerhin befindet sich dort die älteste Kirche Kärntens. Errichtet wurde die Pfalzkirche Karnburg höchstwahrscheinlich anlässlich des weihnachtlichen Besuchs von König Arnulf von Kärnten im Jahr 888 n. Chr.

Ausgehend vom Unterdorf marschierten wir den steilen Kreuzweg hinan.

Mittlerweile hatten sich die Temperaturen gemäßigt, die morgendliche Sonne hatte ihr Übriges dazu beigetragen. Mit der Wärme stieg auch die gute Laune der Kinder. Als wir den aus der Bad Kleinkirchheimer Gegend hierher versetzten Troadkasten passiert hatten, erhob sich vor uns die geschichtsträchtige Pfalzkirche.

Bedauerlicherweise waren sowohl die Türen zur Kirche selbst als auch zur anschließenden Annakapelle verschlossen. Somit mussten wir uns mit der Betrachtung der eingemauerten Römersteine zufrieden geben.

Librarius und römische Dienerin an der Westmauer des Verbindungsgangs zur Annakapelle in Karnburg – Relief aus dem Zeitraum 100 n.Chr. – 150 n. Chr.

Ehrfürchtig betrachteten wir noch die eine oder andere alte Grabinschrift am Friedhof, bevor wir unseren kleinen Ausflug am Zollfeld beendeten und uns wieder auf den Weg nach Villach machten. Unser Blick schweifte abschließend zum noch verschlafen aussehenden Maria Saaler Dom. In einigen Wochen werden wir hierher zurückkehren und auf den Spuren der Kärntner Gladiatoren wandeln. Bleibt gespannt!

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert