FreiBrief

Lob des (N)normalen … Krankseins

In Zeiten sich täglich wiederholender, medizinischer Superlative in Politik und Medien gibt es eine erstaunliche (aber nicht überraschende) Korrelation zwischen Menschen mit dramatischen Krankheitsverläufen eigentlich banaler Erkrankungen und dem Vertrauensgrad in staatliche Würdenträger und ihre Schergen. Man darf sich die Frage stellen, ob sich aus dem Grundsatz „primum non nocere“ möglicherweise das letzte Wort rausschlich und seitdem sein Unheil als „Nocebo-Effekt“ just unter jenen Menschen treibt, die den weißen Kittel (in der 0815-Ausgabe) immer schon ganz gerne zum Gott hochstilisierten oder zumindest seine Unfehlbarkeit in medizinischen Belangen unterstellten. Das macht natürlich nur vor dem Hintergrund einer zum reinen Wirtschaftsfaktor verkommenen Medizin Sinn, deren Betreiber und Berater ihrerseits über die Jahre zu Handlangern einer gigantischen Industrie mutierten und nebenbei ganz gut Geld daran verdienen, eben keine Prävention zu betreiben, sondern allerlei Symptombekämpfungsideen an den Mann zu bringen. Im Rahmen des Kongresses „Psychoneuroimmunologie im Lauf des Lebens“ (Innsbruck, 2018) sprach der emeritierte Professor für Therapeutische Kommunikation Hartmut Schröder unter anderem über den „Schaden durch bloße Information“ https://shop.auditorium-netzwerk.de/detail/index/sArticle/15391 Das lässt aufhorchen, denn wenn man diesen Ansatz vice versa betrachtet, so sollte es doch auch möglich sein, den Effekt ganz bewusst und gezielt umzukehren, nicht wahr?

Nun ist zwar nichts im Leben monokausal und wir als Familie sicher nur ein unbedeutender anekdotischer Einzelfall, dennoch bin ich zutiefst davon überzeugt, dass unser tiefes Vertrauen in Mutter Natur zumindest hilft, die üblichen Infekte in aller Regel als „harmlos“ zu empfinden und duldsam mit der inneren Gewissheit zu ertragen, dass es sich nur um wenige Tage bis zur Genesung handeln könne. Das bedeutet nicht, dass es hier keinen wochenlang andauernden Husten gibt. Auch wir sind Umwelteinflüssen und Stressfaktoren ausgesetzt. In aller Regel aber folgt jedes einzelne Familienmitglied seinem immunologischen „sechsten Sinn“ (Univ.prof. Dr. Dr. Christian Schubert spricht von „sickness behavior“), zieht sich zurück, schläft viel, holt sich Streicheleinheiten – physisch und psychisch – von seinem engsten Familienkreis.

Aktuell reichen wir uns wieder einmal einen dieser Infekte innerhalb der Familie weiter. Wie üblich hält immer zumindest einer von uns Erwachsenen so lange durch, bis alle Kinder wieder gesund gepflegt sind und bereits fröhlich und voller Energie im Haus herumhüpfen. Manchmal scheint mir, als sei auch das eine „unsichtbare“ Absprache im Netzwerk allen Seins, die sich „die Wissenschaft“ nicht erklären kann. Noch nicht.

Während meine Genesung immer näher rückt und ich schon wieder Sachbücher lesen kann, regen sich leise Halsschmerzen bei meinem Göttergatten. Wenn ich wetten darf, werden wir uns – wie bei einem Staffellauf – morgen den Staffelstab weiterreichen, als ob wir ein geheimes Übereinkommen hätten. Wie grandios! In diesem Sinne wünsche ich allen Kranken da draußen gute Besserung! Vertraut eurem Körper! Er ist zu so viel mehr imstande, als wir ihm auf den ersten Blick zutrauen würden!

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