FreiBrief

Im Krieg ist die Wahrheit das erste Opfer

Ich muss gestehen: Zeitgeschichte interessierte mich viel zu lange überhaupt nicht. Nachdem ich Ende der 90er Jahre maturiert und mit meinem Mann in jungen Jahren unser Unternehmen
gegründet hatte, war ich ganz zufrieden damit, über die hohe Steuerbelastung und die eine oder andere soziale Ungerechtigkeit zwar zu meckern, mich aber dennoch vom Staat beherrschen und
ausnehmen zu lassen. Das gesellschaftlich anerkannte „Wås soll ma denn schon groß måch’n?“, das mich in meiner ganzen Jugend seitens meiner Verwandtschaft begleitet hatte, war – gepaart mit der kärntnerischen Bequemlichkeit – in meinem Kopf dermaßen verfestigt, das ich politisches Hinterfragen (oder gar Aufmucken) als nicht lohnende Mühsal empfand. Mein Mann tickte da immer schon anders.

Brennend sog er alle geschichtlichen, geografischen und politischen Informationen auf, die die Zeit ab dem ersten Weltkrieg betrafen – sicher auch seiner Familiengeschichte geschuldet. Während mich Bilder (später Videos) von unterschiedlichen Kriegsschauplätzen so sehr belasteten, das ich lieber wegsah, schaute er besonders genau hin und vor allem dahinter. Gemein war uns allerdings immer schon, dass wir uns gut in unterschiedliche Positionen zu ein und derselben Sache hineinversetzen können. So entstanden über viele Jahre hindurch die interessantesten Diskussionen und Gespräche und wir hatten Spaß daran, Dinge aus mannigfaltigen Blickwinkeln zu betrachten.

Die Auseinandersetzung mit den Geschehnissen rund um 9/11 sowie das aufstrebende Internet mit seinen unendlichen Informationsquellen führten meinen Mann in den Jahren danach
einerseits zu Ken Jebsen, andererseits auch zu Dr. Daniele Ganser, über dessen Buch „NATO-Geheimarmeen in Europa“ https://www.tyrolia.at/item/Nato-Geheimarmeen_in_Europa/Daniele_Ganser/53745886?back=89f32f091efb4cb44c6e0c666a5daafe ich vor langer Zeit einmal zufällig gestolpert war und es meinem Göttergatten als Geschenk mitgebracht hatte.

Dass ich (!!!) fünfzehn Jahre nach dem erstmaligen Erscheinen dieses Buches in Klagenfurt einem Vortrag von Ganser selbst lauschen würde, hätte ich mir damals nicht träumen lassen. Politik?
Erst die unsägliche Maßnahmenpolitik während der „Corona-Pandemie“ gab mir den nötigen „Schlag ins Gesicht“ und beförderte mich schnurstracks auf die unbequeme Straße zur öffentlichen Regierungskritik.

Auf Gansers Vortrag wurde ich eigentlich durch negative Schlagzeilen im österreichischen „Standard“ – meinem Tritt-Mal-Aus-Deiner-Blase-Garanten – aufmerksam. Im Dezember 2022 war dort zu lesen: „In Steyr wurde die Reservierung für Gansers geplanten Auftritt im Stadttheater von der Kulturstadträtin Katrin Auer storniert.“ https://www.derstandard.at/story/2000141861413/daniele-ganser-der-triggernde-influencer-und-putinversteher Nur wenig später, im Jänner 2023, folgte: „Der Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi (Grüne) wies am Donnerstagvormittag den Geschäftsführer der Congress und Messe Innsbruck (CMI) GmbH, Christian Mayerhofer, an, die Veranstaltung nicht stattfinden zu lassen.“ sowie „Eine Anfrage bei der Kärntner Landesregierung zeigt eine andere Sichtweise: Zwar sei ’sofort nach Bekanntwerden des Auftrittes‘ vonseiten des Büros von Landeshauptmann Peter Kaiser, der für das Konzerthaus zuständig ist, eine Prüfung bei der Landespolizeidirektion und der Abteilung sechs angeregt worden. Aber: ‚Es wurde von beiden Seiten bestätigt, dass ein Untersagen nach derzeitigen Recherchen nicht gerechtfertigt wäre.'“ https://www.derstandard.at/story/2000142333492/innsbrucker-stadtchef-laesst-auftritt-von-querdenker-ganser-absagen-kaernten-nicht … Cancel Culture in Reinkultur. Da juckte es mich regelrecht in den Fingern. Jetzt wollte ich erst recht hingehen!

Und ich war nicht allein. Kärnten ist – das zeigten uns die Jahre 2020 – 2022 – irgendwie das kleine, rebellische, gallische „Dorf“ im globalen Wahnsinn. Die Veranstaltung „Warum ist in der Ukraine ein Krieg ausgebrochen?“ am 28. Jänner 2023 im Klagenfurter Konzerthaus war im Nu vollständig ausverkauft.

Wer Daniele Ganser und seine Arbeit verfolgt, stellt schnell fest, dass er eine besondere Art hat, sich mit kriegerischen Konflikten auf der ganzen Welt auseinanderzusetzen. Er führt die Bereiche „innere Achtsamkeit“ und „Empathie“ nämlich mit „Geostrategien von Großmächten“ zusammen und bringt dabei auch immer wieder gängige Propagandamechanismen aller beteiligten Parteien ins Spiel.

Ausgiebig widmete er sich im ersten Teil des Vortrags dem Thema „Manipulation durch Massenmedien“ und seiner gesellschaftlichen Wucht, erreicht durch andauernde audiovisuelle Wiederholung von Phrasen und Parolen sowie durch das Sichtbarmachen derselben im öffentlichen Raum.

In seiner Analyse zum Ukraine-Krieg ließ er an keinem der im weitesten Sinn an der Eskalation beteiligten Machthaber ein gutes Haar. Clinton, Bush, Obama, Biden, Scholz, Selenskyj und Putin wurden gleichermaßen scharf kritisiert. Er zeigte unterschiedliche Interessen und Motive diverser Staatschefs auf und erwähnte unauffällige Strippenzieher aus dem Hintergrund, die – nach getaner Arbeit – schnell wieder von der politischen Bühne verschwanden.

Es ging um Seerosen und Panzerlieferungen, um mündliche Absprachen und Strickjacken. Die durchaus schwere Kost weiterer drohender Eskalation in der Ukraine verpackte Ganser in charmantem Schweizer Humor. Der lange Applaus samt Standing Ovations waren mehr als verdient. Zu viel sei nicht verraten. Wer sich als Teil der Menschheitsfamilie sieht, wer für Deeskalation ist, wer den Standpunkt vertritt, dass Waffen niemals Frieden bringen und der Überzeugung ist, dass ukrainische Mütter ihre Söhne gleichermaßen lieben wie die russischen Mütter die ihren, dem seien zwei weitere Vortragstermine von Dr. Daniele Ganser im März 2023 (Salzburg und Graz) ans Herz gelegt.

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