KÄRNTEN – Sternwarte Klagenfurt exklusiv
Wenn ich an die Astronomische Vereinigung Kärntens (AVK) denke, habe ich zuallererst Bilder von zahlreichen Stammtischen im Foyer des Planetariums im Kopf, an denen ich – lange, bevor ich Mutter wurde – regelmäßig teilgenommen hatte. Mit einem guten ED-Fernglas, drehbarer Sternkarte, Schlafsack und dampfendem Tee in der Thermoskanne ausgestattet, verbrachte ich überdies mehr als nur eine kalte, klare Winternacht mit der Beobachtung des Sternenhimmels. AVK-Mitglied bin ich nach wie vor, allerdings hat der Verein nichts mehr mit dem Planetarium zu tun, sondern betreibt ausschließlich die Sternwarte am Klagenfurter Kreuzbergl sowie jene auf der Gerlitzen. Die Stammtische haben sich in der Zwischenzeit ins Schweizerhaus verlagert. Und meine Pläne, einen Refraktor in der Preisklasse eines Kleinwagens samt dazu passender Almhütte im lichtunverschmutzten Mölltal anzuschaffen, verschob ich kurz nach der Geburt meines ersten Kindes auf Zeiten, die nicht von pickigen Patschhändchen und Rittern mit Holzschwertern geprägt sind. Außerdem ist das zu diesem Zweck angesparte Geld zwischenzeitlich zu Ziegelsteinen, Schafwolle, Hanfdämmung und Naturstein verwandelt worden.
Als Linus (9) begann, sich für Raketen und den Weltraum zu interessieren https://belinda.amplatz.today/freigeist/vor-langer-zeit-in-einer-weit-weit-entfernten-galaxis/ entstaubte ich das eine oder andere Astronomie-Buch. Recht schnell war die Idee geboren, Kontakt zu meinen alten Weggefährten aufzunehmen und eine private Führung in der Sternwarte unserer Landeshauptstadt zu organisieren. Tatsächlich sind einige der Veteranen nach wie vor im Dienst der „Sternenflotte“, Christian Zechner zum Beispiel, der auch die Sternwarte in St. Kanzian betreibt http://iaaz.at/, oder Kurt Anetzhuber, der sich – mittlerweile im Ruhestand – nur noch den schönen Dingen im Leben widmet, in seinem Fall dem Alpenverein (als Bergführer) und der Astronomie (als Kassier und stark eingebundenes ehrenamtliches Mitglied des AVK) http://www.sternwarte-klagenfurt.at/index.php.
Ein kurzer Rundruf in Freilernerkreise zeigte schon nach Stunden, dass auch andere Kinder großes Interesse an so einer Führung hätten, woraufhin ich gleich zwei Termine organisierte und buchte. Am ersten nahm ich selbst mit Maja (12) und Linus (9) teil, für die schon der kurze Weg durch den Wald hinauf zur Sternwarte ein Genuss war. Es roch nach Frühling, überall flatterten Fledermäuse zwischen den noch kahlen Bäumen herum und ein Buntspecht trommelte eifrig in einiger Entfernung.
Die Edelkastanien auf der Südostseite des Kreuzbergls waren im Jahr 1965 anlässlich der Eröffnung der Sternwarte gepflanzt worden und sind heute zu stattlichen Bäumen herangewachsen.
Kurt Anetzhuber leitete unsere Führung und begann sie mit einem interessanten historischen Rückblick in die Zeit Kaiser Franz Josephs, dessen Besuch Anlass gegeben hatte, unter Oberaufsicht des Industriellen Martin Ritter von Kink den heutigen Kreuzbergl-Naturpark entstehen zu lassen. Solcherlei naturgestaltende Maßnahmen waren im Biedermeier in vielen Städten der Habsburgermonarchie verbreitet und beliebt. Dort, wo sich heute der Kreuzbergl-Spielplatz befindet, sei in jenen Tagen aus einer früheren Viehweide ein Festplatz für den kaiserlichen Aufenthalt gestaltet, Spazierwege befestigt und die Wälder gelichtet sowie mit dem Pflanzen verschiedener Baumarten aufgewertet worden, berichtet Roland Bäck vom Geschichtsverein für Kärnten in einem Newsletter vom November 2020. Was mich besonders in Erstaunen setzte, war Anetzhubers Schilderung über die Rodung des Baumbestands auf der Südseite des Kreuzbergls Richtung Stadtmitte, damit der Kaiser freie Sicht auf die Militärparade entlang der heutigen Radetzkystraße hatte – damals noch eine pittoreske Allee mitten im Grün.
Ein halbes Jahrhundert später (im Jahr 1895) wurde der alte hölzerne Aussichtsturm am Kreuzbergl durch den heutigen ersetzt. Dass sich der ursprüngliche Aussichtsturm dann zur Volks-Sternwarte entwickelte, war wohl dem Zufall geschuldet. Professor Helmut Lenhof, einer der Gründerväter des AVK, war nach dem Erlebnis einer Totalen Sonnenfinsternis des Jahres 1961 so beeindruckt, dass er die Idee einer eigenen Stadt-Sternwarte vorantrieb. Der Berliner Helmrich Lambrecht, Erbauer einer Privatsternwarte in St. Kanzian, war davon ganz angetan, woraufhin die Gründung des Vereins „Freunde der Errichtung einer Sternwarte in Klagenfurt“ aus der Taufe gehoben wurde. Nach nur drei Jahren Planung und Errichtung war Klagenfurt um eine Attraktion reicher.
Die „Türmerinnenwohnung“ ist übrigens nach wie vor bewohnt.
Leise (um die beiden betagten „Türmerinnen“ nicht zu stören) ging es nun – mit fortschreitender Dunkelheit – gefühlte tausend Stufen den Turm hinauf. Vermutlich waren es nur zweihundertfünfzig. Den Vortragssaal ließen wir hinter uns. Zu unsicher war die Wetterlage, und jetzt war die Sicht gerade noch günstig und Jupiter und Venus schon sanft leuchtend am Dämmerhimmel zu sehen, sodass wir die Praxis jeder Theorie vorzogen. Auf der Aussichtsplattform angekommen genossen wir das herrliche Panorama und ließen uns die unterschiedlichen Phasen der Dämmerung und Nacht erklären. Gemeinsam mit den Kindern, Mozartkugeln und Stecknadelköpfen veranschaulichte Kurt Anetzhuber die schier unbegreiflichen Distanzen im Universum.
Nur wenige Tage vor unserer Sternwartenführung war der Höhepunkt der Jupiter-Venus-Konjunktion von nur 2° erreicht worden. Auch für uns stellten sich beide Planeten noch wundervoll am südwestlichen Abendhimmel dar – auch mit freiem Auge. Aber durchs Teleskop war eine Beobachtung natürlich noch einmal so aufregend.
Die Sternwarte Klagenfurt verfügt über einen Coudé-Refraktor mit 3.000 mm Brennweite, der gehegt und gepflegt wird, ist doch kein anderes Teleskop so „besucherfreundlich“ wie diese Bauart. Immerhin können die Gäste ohne Positionswechsel den Himmel beobachten, was es leichter macht, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren anstatt auf Leitern herumzuturnen oder am Boden herumzukriechen.
Was folgte, waren zahlreiche tolle Einstellungen: Jupiter mit seinen größten Monden, Venus, der Orionnebel, die Plejaden. Da wir die Gruppe verhältnismäßig klein gehalten hatten, hatten auch wirklich alle Kinder und alle Erwachsenen Zeit, jedes Objekt in Ruhe zu betrachten. Leider änderte es nichts daran, dass Linus (9) Schwierigkeiten hatte, mit nur einem Auge überhaupt etwas im Teleskop zu erkennen. Das frustrierte ihn zwar ein wenig, aber es gab rundherum so viel zu sehen und zu entdecken, dass keine wirkliche Traurigkeit darüber durchkam. Kurt Anetzhuber brillierte mit Fachwissen, Geschichten und Zahlen und erzählte so einiges über Planeten, entfernte Galaxien, schwarze Löcher und Sternbilder, von denen er manche mit seinem Laserpointer auch direkt am Himmel zeigen konnte.
Als ein riesiger Mond über dem östlichen Horizont aufging, läutete das das Ende eines tollen Abends ein. Nicht aber, ohne noch einmal einen Blick durch das Teleskop auf unseren väterlichen Begleiter geworfen zu haben.
Übrigens: Privatführungen können jederzeit über die Homepage des AVK gebucht werden. Es lohnt sich!
2 Kommentare
Christina
Ich möchte euch noch die Bücher von Ingrid Krobath-Köchl ans Herz legen.
Sie macht auch viel mit Kärntens Schulkindern, sicherlich auch mit euch Freilernern wenn du sie mal kontaktierst.
https://www.krobath-koechl.at/index.html
Imperator
Super Tipp, vielen Dank! Das war mir bis heute tatsächlich noch gar nicht untergekommen! Werde sehr gerne Kontakt aufnehmen!