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Kennst du deine Heimat?

Schon in den letzten anderthalb Jahren beschäftigte sich Linus (11) ausgiebig mit dem Thema „Burgen“. In diesem Zusammenhang hatten wir die bekannteste Gipfelburg Kärntens, die „Hochosterwitz“, sowie die größte Wasserburg Österreichs, Burg „Heidenreichstein“ in Niederösterreich, besucht. Dabei thematisierten wir auch wiederholt den Unterschied zwischen Burgen und Schlössern. Dass es aber in und unmittelbar um unsere Heimatstadt Villach mehr gibt als nur die Burgruine Landskron, hatte unser Junge noch gar nicht wahrgenommen. „Wollen wir eine kleine Rundfahrt unternehmen und uns einmal auf die Suche nach den Burgen und Schlössern der Region begeben?“, fragte ich Linus an einem nebelig-trüben Freitag. Von kindlicher Neugierde getrieben ließ er zu Hause alles liegen und stehen, schnappte sich Zylinder und Gehstock sowie die Hand seines kleinen Bruders, der Autofahren über alles liebt.

Den ersten Stopp legten wir im nahegelegenen Stadtteil St. Martin ein. Achtlos war Linus hunderte Male durch die Schlossgasse gefahren – sein Opa lebt ja nicht weit davon entfernt – und hatte das „Dinzlschloss“ (auch „Schloss Mörtenegg“) gar nicht wahrgenommen. Die Khevenhüller-Familie hatte das frühere Gutshaus des Bistums Bamberg im 16. Jahrhundert zum Renaissance-Schloss ausgebaut, das in den folgenden Jahrhunderten mehrfach den Besitzer gewechselt hatte. Zuletzt (1874) hatte es der in Südtirol geborene Anwalt und Kärntner Landtagsabgeordnete Dr. Ignaz Dinzl erworben, mittlerweile steht das Schloss im Eigentum der Stadt und ist Sitz des hiesigen Kulturamtes.

„Dinzlschloss“ in Villach/St. Martin

Nach dem Burgamtmann Michael Pfleger von Werthenau soll das versteckte „Schloss Werthenau“ im Stadtteil Völkendorf benannt sein. Wusstet ihr, dass sich aus dem alten Wort „Amtmann“ einst der neuere Begriff „Beamter“ entwickelte? Hundert Jahre nach seiner Errichtung erwarb die in Villach bekannte und einflussreiche Kaufmannsfamilie Millesi im Jahr 1722 das Anwesen und hält es bis heute in seinem Besitz. Jedoch dient es nicht mehr als Nobelwohnsitz für die Millesis selbst, sondern sind hier vielmehr Privatwohnungen untergebracht, deren Bewohner das Glück haben, unmittelbar neben der besten Konditorei der Stadt zu leben – der Konditorei Kerschner.

„Schloss Werthenau“ in Villach/Völkendorf

Wir fuhren gemächlich durch Judendorf und Warmbad Richtung Fürnitz, wo ich Linus im Vorbeifahren die Ruine des Wehrturms „Thurnegg“ zeigte und auf die versteckte Burgruine „Federaun“ hinwies, die wir uns im Rahmen einer Wanderung ein anderes Mal ansehen wollten. Nächstes Ziel sollte die „Burgruine Altfinkenstein“ sein, die wir aber ebenso nicht näher in Augenschein nehmen konnten. Das Tor war geschlossen. „Kein Winterdienst“.

„Burgruine Finkenstein“ im winterlichen Nebel

Unsere kleine Rundfahrt führte uns rund um den Faaker See, durch die Türkei hinunter zur Drau und auf der anderen Talseite durch Förderlach wieder hinauf nach Damtschach. Das gleichnamige Schloss mit seinem unter Denkmalschutz gestellten Privatgarten, der im 18. Jahrhundert als englischer Landschaftsgarten angelegt worden war, ist auch heute noch im Besitz des früher hochadeligen Geschlechts Orsini-Rosenberg. Selten werden die Tore der barocken Schlossanlage, dessen Nord- und Westflügel bereits im 16. Jahrhundert errichtet worden waren, für kulturelle Veranstaltungen vom Verein Panorama für die Öffentlichkeit aufgeschlossen.

Schloss Damtschach bei Wernberg

Grundverschieden wird das im Renaissance-Schloss Wernberg – heute ein Kloster der „Missionsschwestern vom Kostbaren Blut“ – gehandhabt. Vom Gästehaus bis zum privaten Kindergarten samt frei zugänglichem Spielplatz, vom Tagungs- und Veranstaltungsort bis hin zum Klosterladen … Hier gibt es zahlreiche verlockende Angebote, die einen regelmäßig dazu veranlassen, den Weg von Villach nach Wernberg auf sich zu nehmen.

Innenhof mit Laubengängen (Schloss Wernberg)

Die Jungs und meine Wenigkeit genossen den Anblick des traumhaften Hofs mit den romantischen Laubengängen und beschlossen, bei einer Partie Schach ein Stück hausgemachten Birnenkuchen im Schloss-Restaurant zu probieren.

Es verwundert wohl kaum, dass wieder einmal die Khevenhüllers ihre Hand bei der Errichtung der heutigen Anlage im Spiel hatten. Nachdem die ursprüngliche Burg von den Habsburgern verpfändet worden war, gelangte sie schließlich im Erbwege an Georg von Khevenhüller, der sie im 16. Jahrhundert zu seinem Sommerschloss ausbauen ließ.

Ihren Stammsitz hatte die einflussreiche Kärntner Adelsfamilie Khevenhüller auf der „Burg Landskron“ – womit sich unser Kreis just mit jener Burgruine schloss, die wohl ausnahmslos jedes Villacher Kind kennt.

„Burgruine Landskron“

Erst im Zuge der Gegenreformation – Kaiser Ferdinand II. hatte die Religionsfreiheit des protestantischen Adels aufgehoben – musste dieses Geschlecht seine Besitztümer aufgeben und in andere Länder des Reichs auswandern.

Für uns war es jedenfalls an der Zeit, den Nachhauseweg anzutreten. Einige weitere Anlagen blieben unerwähnt (Burg Aichelberg, Schloss Kellerberg, Schloss Neufinkenstein, Burgruine Alt-Treffen), aber immerhin soll es ja auch in Zukunft noch etwas zu entdecken geben, nicht wahr?

Linus (11) vollzog unsere Rundfahrt in den Tagen darauf noch einmal auf der Landkarte nach und gestaltete ein Plakat zum Thema. Welche vergessene Ruine kennt ihr noch in der engeren Region Villach?

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