Löwenpost
Linus wurde vor wenigen Tagen tatsächlich unglaubliche zehn Jahre alt. Der erste zweistellige Geburtstag im Leben ist schon etwas ganz Besonderes. Und wenngleich auch beim Ü16-Teenager des Hauses der Wunsch nach einer organisierten Feier mehr und mehr in den Hintergrund tritt (Red Bull, Pizzaservice, Musik, Freunde zum Quatschen und Chillen und eine stabile Internetverbindung sind seiner Aussage nach mehr als ausreichend), lieben die jüngeren Geschwister ungebrochen ihre jeweilige Mottoparty. Dieses Mal – so der Wunsch des Geburtstagskindes – sollte es eine Löwenparty werden. Die Tage nach dem Jahreswechsel verbrachten wir also schnatternd und kritzelnd mit der Planung seiner Feier. Fest stand, dass er sich selbst um die kreative Gestaltung („Aber bitte bloß nicht schreiben! Mama, kannst du sie dann bitte schreiben?“) der Einladungskarten kümmern wollte, während meine Wenigkeit mit der Umsetzung des „Löwenbuffets“ (und dem Schreiben der Einladungskarten) beauftragt wurde.
Seine große Schwester Maja (13) unterstützte uns wie immer in allen Bereichen (Basteln & Küche). Sie kann Kreatives förmlich riechen und lässt regelmäßig andere Sachen liegen und stehen, um sich voll und ganz gestalterisch zu betätigen.
Das noch fehlende Material hatte ich bereits im städtischen Bastelgeschäft besorgt. Natürlich konnte sich Linus wieder einmal gefühlte Stunden lang nicht entschließen, ob er die Löwenmähne nun mit Wellpappe oder dicken Schnüren basteln wollte. Ich bin sehr neugierig, ob Maja (oder eine adäquate Schwester-Ersatz-Freundin) ihm auch noch in zwanzig Jahren die Entscheidungen des Alltags abnehmen wird 😉
Es sollte – so Majas Ratschlag – die Schnur werden. Dass er für jede einzelne Einladungskarte ungefähr dreißig kurze Stücke davon abschneiden musste, hatte er nicht bedacht, sonst hätte er möglicherweise ein Veto eingelegt. Eine weniger dichte Mähne kam für ihn aber auch nicht in Frage.
Im Vorfeld hatte sich Linus bereits ein Löwengesicht ausdrucken lassen, welches er nun zur Vorbereitung einer Schablone verwendete.
Im Nu waren alle Löwengesichter ausgeschnitten.
Schnauze, Augen und Schnurrhaare wurden aufgezeichnet.
Nur beim letzten Schritt, dem Aufkleben der Mähne, holte er sich Hilfe bei seiner großen Schwester, der Meisterin der Heißklebepistole.
Unterdessen schrieb ich den Einladungstext für die Karten:
„Ein Rudel Löwen, braun wie Sand
schleicht leis‘ durch das Savannenland.
Einer von ihnen, ein junger Spund,
witzig, laut und kerngesund,
namens Linus (und nicht Günter)
feiert schon den zehnten Winter.
Durch diesen Jahrestag begründet
wird nun DAS Löwenfest verkündet.
Lieber ……, voller Gnaden,
dazu auch du bist eingeladen.
Mache dich auf Pfoten leise
am Sonntag, dem ……, auf die Reise.
Um zehn Uhr am Höhleneingang gebrüllt
wird dir der Eintrittswunsch erfüllt.“
Als ich um Linus‘ Freigabe bat, grinste er. „Vielleicht hab‘ ich nächstes Jahr doch Lust, die Karten selbst zu schreiben“, meinte er zu mir, den Kopf schräg gelegt und mit grübelndem Gesichtsausdruck. Und noch während die Karten in die Kuverts gesteckt wurden, übten sich die Kinder darin, in Reimen zu sprechen.