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Seerosenteich

Bald ist die Blütezeit der Seerosen für dieses Jahr endgültig vorüber. Viele Wochen und Monate schmückten sie die Kärntner Seen und Teiche und setzten weiß-rosa Akzente auf den tannengrünen bis türkisblauen Gewässern. „Einmal über den See bis zu den Seerosen!“, rief ich oft unseren Kindern im vergangenen Sommer (wie in den Sommern davor) zu. Mindestens genauso häufig musste ich über ihre gerümpften Nasen lachen, wenn sie beim Schwimmen mit den Beinen ihre langen, glitschigen Stiele berührten.

Schon Anfang Mai beschlossen Linus (11) und ich, diesen schönen Anblick (der Seerosen; nicht der „Rumpfnasen“) zu konservieren und kleine Seerosenteiche aus Eierkartons zu basteln. Und selbstverständlich wollte auch der kleine Bruder mitbasteln.

Die Deckel der Eierkartons wurden von den Kindern mit Temperafarben bemalt. Während Linus (11) bereits ein gewisses künstlerisches Auge für die unterschiedlichen Farbnuancen von Gewässern entwickelte und Grün als wichtige Komponente erkannte, …

… experimentierte Merlin (5) lieber mit unterschiedlichen Schattierungen aus Weiß und Blau.

Wenn unser kleiner Mann mit einem älteren Geschwisterkind oder anderen Kindern gemeinsam malt oder bastelt, wächst sein Anspruch an sich selbst. Man sieht seinem kleinen Gesichtchen den Eifer, mit dem er es anderen gleichtun will, regelrecht an. Vollkommen unterschiedlich ist es, wenn er ganz allein und in seine kleine Welt versunken ist und es keine Mitstreiter gibt. Das Vorbild anderer löst einen ungeahnten Ehrgeiz in ihm aus, gleichzeitig ist er rascher unzufrieden mit seinen Ergebnissen. Komisch. Irgendwie habe ich ein Déja-vu. War das nicht auch schon bei Linus so, wenn er mit seiner älteren Schwester gemeinsam den Pinsel schwang? Jedenfalls war ich gut beraten, Merlin (5) zu fragen, ob er Hilfe beim Ausschneiden der Blütenteile aus Eierkarton benötigte. Er bejahte. Linus (11) hingegen benötigte an dieser Stelle keine Hilfe mehr und schnippelte Blüten und Schwimmblätter frei Schnauze und ohne fremde Unterstützung.

Linus‘ äußere Blütenblätter
Anmalen wollte Merlin (5) die vorbereiteten Blütenblätter dann aber wieder „ganz allein“.
Die zurechtgeschnittenen Schwimmblätter warten auf den grünen Anstrich.

Linus‘ fertig bemalte Seerosen-Bestandteile

Gesammelte Einzelbestandteile (links: Linus; rechts: Merlin)

Zu guter Letzt fehlte nur noch die abschließende Gestaltung der beiden kleinen Seerosenteiche. Mit Heißkleber positionierte Linus (11) selbständig alle Seerosen in seinem „Teich“.

Merlin war ich bei dieser Arbeit natürlich gerne noch behilflich, obwohl er sich in Wahrheit nicht viel dreinquatschen und schon gar nicht reingreifen lassen wollte. „Ich mach‘ das alleine!“, war seine selbstbewusste Ansage und ich ließ ihn zu großen Teilen gewähren, ein Auge zugedrückt und das andere nur blinzelnd auf die Metallspitze der Heißklebepistole gerichtet und die Entfernung zu seinen geschäftigen Fingerchen abschätzend. Schlussendlich wurden die beiden Seerosenteiche ohne Brandblasen fertiggestellt, bereit, uns über Herbst und Winter an die schöne Sommerzeit zu erinnern.

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