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STEIERMARK – Die Hexe der Riegersburg

In der wolkenverhangenen Toskana zu sitzen und über die in der Herbstsonne erstrahlende Riegersburg in der Steiermark zu schreiben ist – gelinde gesagt – paradox. Und doch nutze ich gerade die entspannten Abendstunden unseres Anreisetages in die hügelige Landschaft des Chianti, um mich an den zweiten Tag der kurzen Mädels-Allein-Unterwegs-Bildungsreise von vor zwei Wochen zurückzuerinnern und euch daran teilhaben zu lassen.

Vorgenommen hatten wir uns einen Ausflug auf die Riegersburg, welche hoch auf einem zwei Millionen Jahre alten Vulkankegel thront.

Die Möglichkeit, mit dem Panoramalift nach oben zu gelangen, schlugen wir aus und bevorzugten es stattdessen, auf Schusters Rappen den Weg zur Burg zu erklimmen.

Sieben Tore, elf Basteien und insgesamt vier Kilometer Wehrmauern boten den Bewohnern der Riegersburg seit jeher Schutz vor möglichen Angreifern. Die Riegersburg konnte so von Aggressoren aus dem Osten kein einziges Mal eingenommen werden.

Lichtenegger Tor (rechts zu sehen sind die schräg übereinander liegenden Tuffbänke der Tuffwand)

Die Winzerfamilie Bernhart bewirtschaftet heute die Weingärten der Burganlage, dessen Reben auf dem basalthaltigen und wärmespeichernden Gestein besonders gut gedeihen. Schon im 17. Jahrhundert ließ die legendäre Burgfrau „Gallerin“ den westlichen Bereich des Burgberges mit Weinkulturen bepflanzen.

Etwa drei Hektar groß sind die Weinanbauflächen auf dem Burgfelsen

Zwei Burggräben schützen die Anlage, wobei einer noch heute mit Wasser gefüllt ist.

1. Burggraben (heute nicht mehr mit Wasser gefüllt)
Wenzeltor

Maja (13) und ich stärkten uns noch mit überteuertem Apfelstrudel aus dem lieblosen SB-Restaurant, das so gar nicht zum übrigen Flair der Anlage passen wollte und betraten im Anschluss daran das „Hexenmuseum“ als erste von drei Ausstellungen auf der Riegersburg.

Im Vorfeld unserer Exkursion hatten wir schon viel über die politischen und gesellschaftlichen Mechanismen gesprochen, die die grausamen Hexenverfolgungen der frühen Neuzeit ermöglichten. Gleichzeitig versuchten wir den Bogen zu aktuellen Vorgängen zu spannen. Bedenkt man, dass die vermeintlichen „Wetterzauber“ vor allem vor dem Hintergrund der „Kleinen Eiszeit“ vom Ende des 13. bis zum 19. Jahrhundert Sinn ergeben, so darf man Überlegungen anstellen, wie wir mit der derzeitigen Warmzeit gesamtgesellschaftlich umgehen sollen.

„Klatsch und Denunziation“ – nur ein Trend der frühen Neuzeit?

Obwohl sich Maja in den nächsten Wochen und Monaten intensiver mit den Hexenverfolgungen auseinandersetzen will, zieht sie es vor, das Thema „Folter“ und „Foltermethoden“ nicht besonders zu intensivieren. Für die meisten mögen genau diese Grausamkeiten von zentraler Bedeutung sein. Maja (13) hingegen passierte die entsprechenden Räumlichkeiten der Ausstellung schnellen Schrittes, um nur ja keine Details wahrnehmen oder auf den Infotafeln lesen zu müssen.

Auf der Riegersburg selbst fanden keine Hexenprozesse statt. Solche Angelegenheiten wurden im nahen Feldbach verhandelt – vor allem in den Jahren 1673 bis 1675, als 95 Menschen – sowohl Männer als auch Frauen – der Hexerei bezichtigt und angeklagt worden waren.

Wie viele Hexen tatsächlich den qualvollen Tod nach einem nicht minder qualvollen Prozess fanden, ist ungeklärt. Sehr wahrscheinlich soll es sein, dass die „Blumenhexe“ Katharina Paldauf, die Gattin des Burgpflegers der Riegersburg, nach ihrer Gerichtsverhandlung am Scheiterhaufen verbrannt wurde.

Der Überlieferung nach schaffte es die „Blumenhexe“, im Winter blühende Rosen zu ziehen.

Gerädert war die „Blumenhexe“ nicht worden, eine der grausamsten aller Hinrichtungsarten blieb ihr somit erspart – ein schwacher Trost, wie ich finde. Das Skelett eines (anderen) Geräderten ist auf der Riegersburg zu sehen.

Der archäologische Nachweis des Räderns anhand von Skeletten ist äußerst schwierig und selten. Dieser Fund eines etwa 30jährigen Geräderten stammt von einer Richtstätte in Birkachwald bei Unterzeiring in der Steiermark.

Nach dieser ersten Ausstellung benötigten wir erst einmal eine kleine Verschnaufpause im Brunnenhof.

Der Brunnen wurde 1640 gebaut und mit einer schmiedeeisernen Laube verziert.

Nach einer kleinen Erfrischung besichtigten wir zuerst das „Waffenmuseum“ …

… dann das „Burgmuseum“.

1138 als „Ruotkerspurch“ erstmals erwähnt stand die Riegersburg vor allem im 17. Jhdt. unter der „Gallerin“ (Burgherrin Katharina Elisabeth Freifrau von Galler) in seiner voller Blüte.

Auf der Burg selbst wird es nicht nur einmal ein Besäufnis gegeben haben. Zeugnis dafür legt eine Inschrift in einer Fensterscheibe des Rittersaales ab, für die Familie Ursenpekh verantwortlich gewesen sein dürfte.

„Anno 1635, dem 6. April, hat sich das Sauffen angehebt, und alle Tag ein Rausch geben, bis auf den 26. detto.“

Einen prunkvollen Abschluss bildete die Besichtigung des Großen Rittersaals …

… sowie des Sommerspeisesaals, den die Gallerin kostspielig bei italienischen Handwerkern in Auftrag gegeben hatte und dessen Bau im Jahre 1658 vollendet worden war.

„Bauen ist ein schöner Lust. Was es mich kost, ist mir bewusst“, ließ die „Gallerin in die eindrucksvolle Decke einarbeiten.

Für uns gingen damit traumhafte und hochinteressante Stunden zur Neige. Einen letzten Blick ließen wir über das steirische Riedelland schweifen, bevor es wieder Richtung Heimat ging.

Und weil wir gerade beim Wein sind …

… weiter geht es dann mit Geschichten aus der Toskana …

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