ITALIEN/TOSKANA – Was lang‘ sich neigt, wird endlich gut …
Eigentlich war an diesem vorletzten Tag in der Toskana etwas ganz Anderes geplant. „Mama, samma då nit gånz in da Nähe von Pisa?“ … „Pisa? Is dås durt, wo da Schiefe Turm von Pisa steht? Maaah, då wüll i a amål hin!“ … Dass mein Mann und ich unsere ursprüngliche Ausflugsidee dann einfach verwarfen und kurzerhand die Route änderten, sollte erst einmal unser Eltern-Geheimnis bleiben. Bekanntermaßen sind Überraschungen die Würze des Lebens.
Schon beim ersten Ortsschild, auf dem in großen Lettern „P I S A“ prangte, wurden Maja (13) und Linus (9) aufmerksam. Spätestens als das weltberühmte Wahrzeichen der Stadt bei der Vorbeifahrt einmal kurz hinter der geschichtsträchtigen Wehrmauer hervorblitzte, waren die Kinder außer sich vor Freude.
Einen Parkplatz zu finden schien uns anfangs ein Ding der Unmöglichkeit zu sein. Riesige Autokolonnen wälzten sich bei brütender Spätsommerhitze durch die Straßen Pisas. Die Carabinieri pfiffen sich mit ihren Trillerpfeifchen die Seele aus dem Leib, während sie wie wild mit den Armen wedelten, um die trägen Fahrer zum zügigen Weiterfahren im Schritttempo zu bewegen, wenn sie an der Reihe waren. Unsere Bereitschaft, auch ein Stück zu Fuß zu gehen und dafür in den Seitenstraßen unser Glück zu versuchen, führte uns auf eine großartige Abstellmöglichkeit am Bahnhof „Pisa San Rossore“.
Seit unserem letzten Besuch Pisas vor zehn Jahren hat sich am Ausmaß der Krims-Krams-Zone und der Aufdringlichkeit der afro-italienischen Verkäufer vor dem „Piazza dei Miracoli“ überhaupt nichts geändert. Unangetastet war aber auch der erneut imposante erste Eindruck, wenn man durch die „Porta Nuova“ schritt.
Das Baptisterium San Giovanni ist das größte Italiens und der ganzen Welt. Die im romanischen Stil im 12. und 13. Jahrhundert errichtete Taufkirche weist im Inneren nicht nur ein eindruckvolles, achteckiges Taufbecken und eine überwältigend schöne, freistehende Marmorkanzel mit gotischen Elementen auf, sondern beeindruckt auch mit einer drei Meter hohen Bronzeskulptur von Johannes dem Täufer auf der Kuppel des Gebäudes, die im 15. Jahrhundert dort angebracht worden war.
Die Kathedrale San Maria Assunta daneben ist nicht weniger kolossal und gehörte gemeinsam mit dem Markusdom in Venedig zu den ersten Monumentalbauten des mittelalterlichen Italiens.
Natürlich war aber die Kinder-Hauptattraktion der „Campanile“, der „Torre pendente“, der „Schiefe Turm“, ruhmreich erwähnt in den historischen Schriften Entenhausens (insbesondere im pädagogisch wertvollen Band „11 1/2 Orte, die Ente gesehen haben muss“).
Seitdem der Neigungswinkel des Turms mit modernsten Mitteln korrigiert worden war, kann er wieder bestiegen werden, was Linus (9) unfassbar gerne auch getan hätte. Die elendslange Warteschlange vor dem Campanile (es darf immer nur eine maximal 30 Personen umfassende Gruppe für höchstens 35 Minuten im und auf dem Turm sein) ließ mich ihm diesen Wunsch schweren Herzens abschlagen. Wir hätten wohl den ganzen Tag damit verbracht, zuerst auf Einlass zu warten, um dann auch noch unter Zeitdruck zu stehen – keine allzu reizvolle Perspektive.
Dann lieber doch mein Versprechen einlösen, dass jedes Kind so viele Eiskugeln bestellen darf, wie es auf italienisch zählen kann. „Uno, duo, tre, quattro …“