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Samhain – Zugang zur Anderswelt

Was heute kommerziell ausgeschlachtet wird und weltweit Milliardenumsätze in die Kassen großer Handelskonzerne spült, hat seinen Ursprung im Irland früherer Zeiten. Samhain [ˈsawəɲ] war eines der vier großen irisch-keltischen Feste und wurde lange als Beginn des keltischen Jahres betrachtet. Nach heidnischem Glauben waren an diesem Tag die Tore zur Anderswelt weit geöffnet und die Geister wandelten zwischen dem Reich der Toten und dem der Lebenden hin und her. Große Feuer wurden entzündet, um die Seelen der Toten zu wärmen. Man war davon überzeugt, dass es Schwellenzeiten und Schwellenorte gab, an denen ein Übergang oder eine Verbindung zur jeweils anderen Welt leichter möglich war, was Chancen und Risiken barg. Es wurde angenommen, dass zu Samhain besonders die Tore zu den Bewohnern der Elfenhügel offen standen, weshalb man sein Haus besser nicht verließ, um nicht ungewollt mit den Wesen der Vorzeit zusammenzustoßen.

Die Tradition des Kürbisschnitzens geht auf eine irische Legende späterer Jahre zurück. Als ein Trunkenbold namens Jack gestorben war, wurde ihm der Zugang zum Himmel verwehrt, aber auch die Höllentore blieben geschlossen, da er zu Lebzeiten den Teufel übers Ohr gehauen hatte. Der Teufel schenkte ihm lediglich ein Stück glühende Kohle, das Jack in eine ausgehöhlte Rübe legen konnte, um auf diese Art und Weise auf ewig zwischen den Welten zu wandeln. Da den nach Amerika im 19. Jahrhundert ausgewanderten Iren eher Kürbisse als Rüben zur Verfügung standen, passte man die Tradition an die Gegebenheiten an und „Jack O’Lantern“ à la Kürbiskopf war geboren.

Da unsere Kinder in diesem Jahr ganz besonders versessen darauf waren und sind, Halloween respektive Samhain zu feiern, kam ich nicht umhin, ihnen drei Kürbisse zu beschaffen. Ganz genau: Drei! Denn – hört, hört – sogar unser Ältester wollte sich am Schnitzen beteiligen.

Es war wirklich lustig, die drei samt ihrer unterschiedlichen Herangehensweise zu beobachten. Während Maja (13), die immer schon eine Vorliebe für die Haptik von Dingen hatte, keine Scheu hatte, mit den Händen direkt in den Kürbis hineinzugreifen, um so die Kerne zu entfernen, verzog Laurin (16) beim minimalsten Kontakt mit dem glitschigen Interieur der Frucht sofort das Gesicht, wie er es schon als Kleinkind bei der Berührung von Matsch und Gatsch getan hatte.

Linus (9) zeichnete sich wie üblich durch mangelnde Entscheidungsfreude aus. Hätte sich nicht Maja seiner erbarmt, dann säße er wohl heute noch unentschieden ob der Form seines Kürbisgesichts auf der heimischen Terrasse.

Linus (9) schnitzt – auf Majas Vorschlag hin – einen Creeper aus dem Minecraft-Universum.
In friedlicher Eintracht verbrachten die drei Kinder die Stunden in der Nachmittagssonne beim Schnitzen ihrer Kürbisgesichter.

Laurin (16) hatte seinen Kopfüber-Kürbis als Erster fertig, gefolgt von Linus‘ Minecraft-Creeper.

Maja (13) versuchte sich – seit kurzem ganz dem Twighlight-Fieber verfallen – an einem Vampir-Kürbis.

Während wir also aktuell Halloween tatsächlich im Waldviertel in Niederösterreich feiern, bewachen die drei Kürbisköpfe Haus und Garten in Kärnten.

Unterdessen lassen wir es uns hier in Amaliendorf gut gehen – allerdings nicht mit alten keltischen Bräuchen und Ritualen, sondern auf Wunsch der Kinder mit einem ganzen Register an neumodernem Halloween-Kitsch: „Blutsuppe für Vampire“ und „Gruselmuffins“, nächtliches Fangenspielen im Wald in Blutsauger-Verkleidung und Spieleabend am eingeheizten Kamin. Warum auch nicht? Es muss ja nicht das ganze Leben „pädagogisch wertvoll“ sein 😉

„Blutsuppe für Vampire“ (Tomatencremsuppe)
Die Muffins wurden von Maja (13) und Linus (9) unter erschwerten Ferienhaus-Bedingungen (keine Waage) selbst gebacken.

„Achtung, Achtung! Dringende Durchsage! Amaliendorf wird von zwei kreidebleichen Vampiren unsicher gemacht! Bitte bringen Sie sich in Sicherheit und verlassen Sie Ihre Häuser nicht!“

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