Hab‘ letztens einen Chemiewitz erzählt. Keine Reaktion.
Meine frühe Idee eines interessanten Chemieunterrichts an einer höheren Schule beinhaltete vor allem laute Explosionen, stinkende Rauchschwaden und einen Professor im weißen Kittel mit verrußten, zu Berge stehenden Haaren sowie versengten Bartstoppeln. Nach dem Abbruch des Gymnasiums war ich in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts an eine BHS mit dem Schwerpunkt Wirtschaft, Chemie und Umweltökonomie gewechselt und war voller Vorfreude auf das Fach „Chemielabor“ gewesen. Bittere Enttäuschung und niederschmetternde Ernüchterung machten sich schon Wochen nach dem Schulwechsel in mir breit. Mitnichten verbrachten wir die Laborstunden – wie ich es mir ausgemalt hatte – ausschließlich mit praktischen Experimenten, sondern überwiegend mit Papier und Bleistift, um die Chemietheorie weiter zu vertiefen und gefühlt tausende Reaktionsgleichungen aufzustellen.
Unseren Kindern möchte ich vor allem die praktische Seite dieser Wissenschaft in ihren Grundzügen näher bringen und zeigen, wie sehr unser Alltag mit chemischen Prozessen zu tun hat. Ein schönes Einsteigerexperiment ist die Bestimmung des pH-Wertes mit Hilfe von Rotkrautsaft. Dazu ist ein wenig Vorbereitung vonnöten. Rotkraut musste in Streifen geschnitten und so lange in Wasser gedünstet werden, bis man einen farbintensiven Sud erhielt.
Während das Kraut vor sich hinköchelte, stimmten wir uns schon ein wenig auf das Thema „Säuren und Basen“ ein. Ich brachte einige formelle Begrifflichkeiten aufs Tapet, ließ unsere 14jährige Tochter Vermutungen über den Vorgang und mögliche Ergebnisse des Versuchs formulieren und unterschiedliche Flüssigkeiten und Stoffe auswählen, deren pH-Wert wir bestimmen wollten.
Auch ihr jüngerer Bruder Linus (10) kam neugierig angetanzt und beobachtete den Aufbau. Wir beschlossen, den pH-Wert zuallererst mit einem handelsüblichen Indikatorstreifen zu messen und diese Ergebnisse dann mit dem Rotkrautsaft zu verifizieren, wenn das denn möglich sein sollte.
Einige Ergebnisse waren für die Kinder sehr erwartbar, von anderen waren sie sichtlich überrascht.
Ob der Rotkrautsaft diese Resultate wohl bestätigen würde? Gespannt wurde gemischt und gerührt, während ich hoffentlich unbemerkt ein klitzekleines bisschen Theorie über saure und basische Lösungen einstreute. Aufmerksam beobachteten die beiden Kinder die Farbveränderungen des Suds beim Zusammentreffen mit dem jeweiligen Ausgangsstoff.
Überraschung, Überraschung! Der Rotkrautsaft erwies sich als zuverlässiger Anzeiger für Säuren und Basen.
Und nie vergessen: „Zuerst das Wasser, dann die Säure! Sonst geschieht das Ungeheure!“ 😉 In diesem Sinne: Viel Spaß beim Nachmachen!