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STEIERMARK – Flaschenhals

Exkursionen und Bildungsreisen für Kinder und Erwachsene zu planen und zu organisieren, bereitet mir unglaublich viel Spaß. Nur in den seltensten Fällen kommt es vor, dass die Erwartungen nicht oder nur teilweise erfüllt werden. Über die Ursachen kann man spekulieren. Mangelhafte Kommunikation im Vorfeld oder fehlende schriftliche Fixierung der mündlich vereinbarten Eckpunkte mögen aber ihren Anteil daran haben. Insofern darf ich mich durchaus selbst an der Nase fassen, wenn es mal nicht ganz so ideal läuft.

Der Besuch des Glasmuseums in Bärnbach mit Kärntner Kindern im häuslichen Unterricht war vor allem deshalb geplant, um die für die meisten doch recht weite Anreise in die Steiermark lohnenswerter zu machen. Kernthema unserer eintägigen Reise in die „Grüne Mark“ waren eigentlich die „Wasserkraft“ am Beispiel des Speicherkraftwerks am Packer Stausee sowie „Kärntner Landeskunde“. Letztere ließ sich tatsächlich wunderbar in die Anreise einbauen. Quizfragen wie „An welchem großen Kärntner See fahren wir gerade vorbei?“, „Welche Bezirkshauptstädte passieren wir auf unserem Weg in die Steiermark?“, „Wie heißen die beiden Kärntner Autobahnen, auf denen wir fahren?“, „Welche große Gebirgskette der südlichen Kalkalpen kannst du am Beginn unserer Reise sehen?“ oder „Wie heißt der Pass bzw. Sattel, der Kärnten mit der Steiermark verbindet?“ halten die grauen Gehirnzellen unsere Kinder von klein auf in Trab und bringen überdies Leben in jede Autofahrt.

Pünktlich in Bärnbach eingelangt wurden wir freundlich begrüßt, und auch die Abwicklung des finanziellen Parts funktionierte einwandfrei.

Während wir darauf warteten, dass die Gruppe vollständig eintrudelte, bemühte man sich vor Ort, die schon anwesenden Kinder zu beschäftigen. Wir Erwachsenen betrachteten in der Zwischenzeit die wirklich traumhaften Produkte aus Glas, die es im Shop käuflich zu erwerben gab.

Kaum hatte aber die eigentliche Führung begonnen, wurde relativ schnell deutlich, dass dem Ausstellungsbegleiter entweder nicht klar war, dass vor allem die Kinder hätten angesprochen werden sollen, oder dass es ihm schlichtweg schwerfiel, Inhalte kindgerecht zu transportieren. Er verfügte gewiss über viel Kenntnis, konzentrierte sich aber überwiegend auf die modernen Produktionsabläufe und -mengen sowie heutige Ausbildungsberufe der Werke in Köflach und Tschechien.

Dass er zur Eile direkt „mahnte“, wäre jetzt vielleicht übertrieben. Und doch erwähnte er wiederholt, dass man jetzt „schnell“ zur „Glaswanne“ müsse, was interessierte Besucher (besonders Kinder) nicht sonderlich dazu einlud, weitere Fragen zu stellen.

Das größte Weißbierglas der Welt mit einem Fassungsvermögen von 100 l ist hier ausgestellt.

Dass die „Glashütte“ bei unserem Besuch noch nicht hochgefahren sein würde, wurde mir bei Terminfixierung zwar mitgeteilt, dass dies aber nur eine Woche später passieren sollte, hatte man mit keinem Wort erwähnt. Wie sehr hätten die Glasmacher in der üblicherweise für angemeldete Besucher offenen Werkstätte mit ihren Schweißperlen auf der Stirn die Kinder begeistern können. Das Summen der Öfen, die Tag und Nacht auf über 1.400 °C glühen, das Eintauchen der Stahlrohre in das zähflüssige Glas und das Herausziehen der glühenden Masse gleich Honig aus einem Honigtopf, die geschickten Drehungen, das Verformen des Glases durch sanftes und zugleich präzises Pusten sowie das Zischen des Wassers beim Abkühlen der neuen Kunstwerke – all diese Eindrücke blieben den Kindern so leider verwehrt.

Tatsächlich war die Begehung der „Glaswanne“ sehr eindrucksvoll.

Man darf dem Rundgangsbegleiter zugutehalten, dass er sich – offenbar selbst vom Geiste des Schmelztiegels angetan – an diesem Ort mehr Zeit ließ.

„Kopf einziehen!“ beim Eintritt in die „Glaswanne“

Summa summarum hat das Glasmuseum Bärnbach Potential und ist sicher eine Reise wert. Stellt man sich dieses Potential als kunstvolle, mit einer mystischen Flüssigkeit der Neugier gefüllte Glasflasche vor, die innerhalb zweier Stunden (der Dauer eines Rundgangs) in die Köpfe der Kinder entleert werden soll, wird einem bewusst, dass derjenige, der das Wissen vermittelt, der Flaschenhals des Gefäßes ist. Ist dieser zu eng, landet nur ein Teil des Elixiers bei jenen, die nach Verzauberung lechzen.

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