LONDON – Eine Busfahrt wie früher …
Rote Doppeldeckerbusse gehören zum Stadtbild Londons wie die ebenso roten Telefonzellen oder die schwarzen, bauchigen Taxis. Auch wenn der NB4L („New Bus for London“) – auch NRM („New Routemaster“) genannt – des nordirischen Busherstellers „Wrightbus“ längst den ursprünglichen „Routemaster“ ersetzt hat, blieb doch der Gesamteindruck erhalten. Eine Zeit lang fuhr der Klassiker mit der offenen Plattform, auf die man auch außerhalb regulärer Haltestellen auf- und abspringen konnte, wenn der Bus verkehrsbedingt ins Stocken geriet, noch auf den Linien 9 und 15, mittlerweile wurden aber auch diese eingestellt.
Wer mich kennt, der weiß, dass ich hie und da regelmäßig nostalgische Anfälle erleide. Im Rahmen einer solchen Anwandlung hatte ich das starke Bedürfnis, eine Stadtrundfahrt durch London in so einem prominenten Oldtimer zu machen. Und weil es mit Humor doppelt so schön ist, reservierte ich im Vorfeld Tickets für die „Classic Tour“, eine Sightseeing-Comedy-Tour auf einem abgenutzten, aber aufpolierten „Routemaster“.
Trotz frühzeitiger Buchung mussten wir am Ende des Tages ein gewisses Maß an Flexibilität mitbringen. Gleich zwei Mal wurde der Termin verschoben (einmal vor unserer Abreise, ein zweites Mal, als wir bereits in der Stadt waren). Wir hatten Glück, dass unser eigenes Reiseprogramm ausreichend zeitelastisch war und freuten uns umso mehr, dass schlussendlich alles geklappt hat.
Die beiden Reiseleiter „Lord Larksford“ und „Cheeksworth“ zeigten uns London auf die typisch britische Art mit wundervoll subtilem, trockenem Humor. Wir hielten uns tatsächlich die Bäuche vor Lachen und die Fahrgäste anderer Bustouren schauten neidvoll zu uns herüber, während diejenigen unseres Busses von den beiden Stand-Up-Comedians in die genialen Sketches involviert wurden.
Sogar die Teenager unserer Rundtour wurden aus der Reserve gelockt, als „Lord Larksford“ mit einem Trichter tausende anonyme Menschen am Piccadilly Circus frech anschrie: „Shut up! Shut up! Damn, we’re trying to do a sightseeing tour here!“ Ich persönlich fand den Hinweis auf den königlichen Komposthaufen hinter einer schmucklosen Mauer lustig: „“Here you can see the royal compost heap, set behind a splendid example of a stone wall topped with barbed wire.“ Auch das Telefonat mit „Gott“ als möglichem Experten für die Lösung finanzieller Probleme sowie die gespielte Verbrecherjagd südlich der Themse, die durch den zufälligen Vorbeiflug eines echten Helikopters authentische Züge erhielt, waren echte Knaller.
Unseren Auftrag, gemeinsam immer laut „tree“ zu schreien, wenn ein am Weg liegender Baum drohte, mit seinen Ästen einen der Komödianten zu treffen (sie unterhielten uns ja und blickten daher nicht in Fahrtrichtung), nahmen wir sehr ernst. Laurin (17) bedauerte, dass wir weder „military“ (gespr. „miliTREE“) noch „minisTREE“ rufen konnten. Die Muttersprachler warnten jedoch einmal vor der Oberkante einer Unterführung. Habt ihr eine Idee, welches Wort endend mit „TREE“, „TRY“ oder „TARY“ das gewesen sein könnte?
Selbstverständlich erhielten wir auch viele interessante Fakten über die wichtigsten Sehenswürdigkeiten Londons, nur eben aus der Perspektive zweier Ansässiger, die ihre Heimatstadt so präsentierten, wie sie wirklich ist und nicht, als ob sie etwas verkaufen wollten.
Den Abschluss unserer lustigen Fahrt bildeten dann noch zahlreiche, zum Teil spontan improvisierte, Strophen eines typischen Trinkliedes, dessen Melodie ich höchstwahrscheinlich irgendwann nicht mehr im Gedächtnis haben werde. Aber wer weiß, vielleicht hilft ja der Text des Refrains am Bild unten, meine Erinnerungen zu wecken? Immerhin haben wir ihn alle einige Male schunkelnd und lachend mitgesungen!