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ITALIEN/TOSKANA – Pitigliano bei Nacht

Unsere nächste Station machten wir in einer der für mich schönsten Städte der Toskana: Pitigliano. Schon bei unserem ersten Besuch der spektakulär auf einem 300 m hohen Tuffsteinfelsen gebauten, mittelalterlichen Stadt blieb mir das Herz vor Begeisterung beinahe stehen. Was nicht direkt aus dem vulkanischen Material geschlagen und geformt worden war, wurde aus Tuff-Ziegeln darauf gesetzt, sodass das Städtchen eine unwirkliche Homogenität ausstrahlt, so als ob jemand an einem kreativen Nachmittag eine riesige und detailreiche Sandburg errichtet hätte.

Pitigliano (Blick von der Kirche „Madonne delle Grazie“)

Während wir vor zehn Jahren mit unseren zwei ältesten Kindern am Lago di Bolsena gecampt, ein Zelt im Sturm errichtet, Maja (als Kleinkind) vor einer Krebsattacke gerettet und „nur“ einen Tagesausflug nach Pitigliano unternommen hatten, wollte ich dieses Mal gerne mitten im Geschehen sein. Dass das auf der anderen Seite natürlich auch eine abenteuerliche Anfahrt über holprige Rumpelpisten aus Pflastersteinen, durch enge Gassen und dermaßen abschüssiges, schotteriges Gelände bedeuten würde, das man die Straße vor einem nicht mehr wahrnehmen konnte, war mir bei Buchung unseres Appartments klar. Nicht umsonst ist der Piaggio auch heute hier noch weitverbreitet und ein beliebtes Fortbewegungsmittel. Aber gut: Mit weiblichem Charme hatte ich meinen Mann überzeugt, dass besser er fährt und ich in der Zwischenzeit die Aussicht genieße.

Rechts von Maja befindet sich das Häuschen mit unserem Appartment – quasi am Rande des Tuffsteinfelsens, auf dem Pitigliano errichtet ist.
Platzsparende Treppe in den unteren Raum (zweiter Schlafbereich)

Pitigliano wollten wir dieses Mal einfach nur genießen. Keine Führungen, keine lehrreichen Rundwege, sondern einfach nur flanieren, schauen und staunen standen am Programm. Als sich die Sonne gen Horizont bewegte und die Stadt noch einmal in warmes Licht hüllte, bevor die Nacht hereinbrach, gingen wir los und schlenderten durch die verwinkelten Gassen.

Kathedrale „Santi Pietri e Paolo“

Schuhmacher bei der Arbeit

Im „La Pappalpomodoro“ aßen wir zu Abend. Wir hatten Glück, pünktlich um 19:00 Uhr angekommen zu sein. Somit waren wir die ersten Gäste, jedoch war das Lokal innerhalb einer halben Stunde vollständig gefüllt. Mein Mann, der seit jeher eine Vorliebe für Tomatencremesuppen hat, wählte natürlich – wie kann es beim Namen dieser Lokalität auch anders sein – die „Pappa al pomodoro“, Maja (13) wollte nur eine Kleinigkeit und bestellte „Bruschetta al pomodoro“ und die Jungs und ich suchten uns die in der Region überall erhältlichen „Pici“ aus – für die Jugend mit Tomaten- und für mich mit Trüffelsauce. Dazu ein gutes Glas Rotwein und ich schwebte im siebten toskanischen Himmel.

Nachdem wir unsere Bäuche vollgeschlagen und mein Mann ein dezentes Handzeichen gegeben hatte, diesem ein deutliches „Il conto, per favore!“ folgen ließ, das wiederum mit dem Kopfnicken des Kellners quittiert wurde, warteten wir eine gefühlte Ewigkeit darauf, dass derselbe auch tatsächlich zum Kassieren an den Tisch treten würde. Der jedoch flitzte zwischen den Tischen hin und her, nahm Bestellungen auf, servierte das Essen, empfahl mit lauter Stimme und fröhlichem Lachen hier ein Dessert und dort einen Wein und dachte gar nicht daran, die Rechnung an den Tisch zu bringen. Erst nach langer Wartezeit registrierten wir, dass es hier offenbar üblich war, an der Theke zu bezahlen. Das taten wir und grinsten insgeheim. Andere Länder, andere Sitten. Und Pitigliano ist ohnedies noch einmal ganz anders. Vor allem bei Nacht.

Der Mauergecko suchte sich einen warmen Schlafplatz.

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