FreiGepäck

ITALIEN/TOSKANA – La città perduta

200 kg Weizen pro Jahr. Das war der durchschnittliche Mietpreis für eine Wohnhöhle in der mittelalterlichen Stadt Vitozza. In nur wenigen Tagen ließ sich eine solche Behausung aus dem weichen Tuffstein graben. Obwohl so manche Höhle bereits von den Etruskern besiedelt worden war, war das eigentliche Vitozza im Süden der Toskana vermutlich Ende des 11. Jahrhunderts entstanden. Seine gut zu verteidigende Hügellage und der fruchtbare Boden der Region verhalfen der Höhlensiedlung zu ungeahnter Größe und Beliebtheit. In seiner Blütezeit lebten dort etwa 7.000 Menschen.

Heute ist Vitozza Geschichte. „La città perduta“ – die untergegangene Stadt – wird seit dem Tod der letzten Bewohnerin Agostina „La Riccia“ Ende des 18. Jahrhunderts gnadenlos von der Natur zurückerobert und dient heute sowohl Einheimischen als auch Reisenden als Ort der Erholung.

Nachdem wir zuletzt mit den Kindern vor allem in den pittoresken Städtchen der Toskana unterwegs waren, zog es uns nahezu in diesen mystischen Wald mit all seinen verborgenen Geheimnissen.

Schon die ersten kleineren Höhlen zogen uns in ihren Bann.

Viele Höhlen sind zweigeteilt in Wohnräume und Stallungen. Der Tuffstein lässt sich dermaßen einfach bearbeiten, dass es ein Leichtes ist, „Einrichtungsgegenstände“, Nischen und Ablagen daraus zu formen oder auch Wohnräume zu erweitern.

Luxuriösere Hütten verfügten oftmals über etwas höher gelegene Eingänge, die über Steintreppen erreichbar waren.

Diese Wohnhöhlen verliefen oft über zwei mittels Stufen oder Leitern verbundene Etagen.

Direkt unterhalb der Oberstadt gelegene Wohnhöhlen

Auf der West-, der Nordwest und der Nordostseite durch natürliche Klippen und auf dem Plateau – oberhalb der Ringstraße mit den über 180 Wohnhöhlen – durch drei „castelli“ der Oberstadt geschützt, gab es dennoch immer wieder Angriffe auf die Menschen Vitozzas. Neben den Widrigkeiten, die das Leben in einer solchen Höhle naturgemäß mit sich gebracht haben muss, gehörten immer wiederkehrende Kampfhandlungen zum Alltag und erschwerten diesen noch mehr.

Il primo castello

Obwohl es an den tatsächlichen Lebensumständen der Menschen des mittelalterlichen Vitozza in meinen Augen nichts zu romantisieren gibt, liegt der „città perduta“ ein tiefer Zauber inne. Wer weiß? Vielleicht kann man – wenn man nur leise genug ist – die Seele Agostinas noch inmitten der Bäume sprechen hören?

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert