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Ist der Zug abgefahren?
Nur noch wenige Wochen und DAS Jahrhundert-Projekt der österreichischen Eisenbahnhistorie geht endlich auf Schiene. Am 14. Dezember 2025 um 04:58 Uhr wird der erste Personenzug der neuen Koralmbahn losrollen. Unser ältester Sohn, der derzeit seinen Zivildienst in Hartberg/Steiermark ableistet, freut sich bereits darauf. Während er momentan in aller Regel mit dem Intercity-Bus zwei Stunden von Graz nach Klagenfurt unterwegs ist, wird sich seine Reisezeit für dieses Teilstück mit dem Railjet-XPress auf eine Dreiviertelstunde verkürzen. Abfahrt in Graz im Stundentakt. Der Bau der neuen Südstrecke liest sich wie eine einzige Erfolgsgeschichte: 30 Jahre Bauzeit, etwas über sechs Milliarden Euro Investitionskosten, bis zu tausend Arbeiter gleichzeitig im Einsatz, 32,9 km Tunnelstrecke, zig…
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Seerosenteich
Bald ist die Blütezeit der Seerosen für dieses Jahr endgültig vorüber. Viele Wochen und Monate schmückten sie die Kärntner Seen und Teiche und setzten weiß-rosa Akzente auf den tannengrünen bis türkisblauen Gewässern. „Einmal über den See bis zu den Seerosen!“, rief ich oft unseren Kindern im vergangenen Sommer (wie in den Sommern davor) zu. Mindestens genauso häufig musste ich über ihre gerümpften Nasen lachen, wenn sie beim Schwimmen mit den Beinen ihre langen, glitschigen Stiele berührten. Schon Anfang Mai beschlossen Linus (11) und ich, diesen schönen Anblick (der Seerosen; nicht der „Rumpfnasen“) zu konservieren und kleine Seerosenteiche aus Eierkartons zu basteln. Und selbstverständlich wollte auch der kleine Bruder mitbasteln. Die…
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DEUTSCHLAND – Oooooobacht! Baum fäääääällt!
Die Familiengeschichte meines Mannes liest sich wie so viele aus der Zeit des zweiten Weltkrieges: Flucht, Propaganda, dem Krieg zum Opfer gefallene Zivilisten und Soldaten, Trauer, Traumatisierung und dennoch Kraft und Hoffnung um weiterzumachen. Mein Schwiegervater, Sohn einer italienischsprachigen Südtirolerin aus Gresta und eines deutschsprachigen Südtirolers aus der Kaltenbrunner Gegend und Bruder vierer Geschwister erblickte kurz vor Ausbruch des Krieges das Licht der Welt. Mussolinis Plan der Italianisierung und Umvolkung der deutsch-ladinischen Bevölkerung führte zur Vertreibung zehntausender Südtiroler, darunter auch jene seiner Familie, die mit Aussicht auf eine Anstellung nach Österreich auswanderte. Nach einem Bombenangriff der Engländer im Gailtal kehrte der Vater meines Schwiegerpapas nicht mehr nach Hause zurück. Die…
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DEUTSCHLAND – O Sole mio …
Zwischen dem Chiemsee im Westen, dem Rupertiwinkel im Osten und den Chiemgauer Alpen im Süden liegt das geschichtsträchtige bayerische Städtchen Traunstein, Heimat sowohl der Schul- als auch der Volksharfe unserer Tochter. Im Geburtsjahr meines Mannes hatte Karl Fischer sen. mit dem Harfenbau am Standort des Musikhauses Fackler begonnen, das heute von seinem Enkel Thomas in fünfter Generation geführt wird. Dreitausend heute über die ganze Welt verstreute Fischer-Harfen hatten hier ihre Geburtsstätte. Rund 125 Arbeitsstunden sind erforderlich, um die neunhundert Bauteile einer Harfe von Hand zu einem so himmlischen Saiteninstrument zusammenzusetzen. Die Stadt Traunstein selbst erlebte ihre Blütezeit als Handelsmetropole und Salinenstadt im Mittelalter. Dass das Weiße Gold eine Rolle in…
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STEIERMARK – Druck, Satz, Sieg
Den Geruch von Büchern und frisch gebrühtem Kaffee assoziiere ich mit gemütlichen Regentagen, erholsamen Reisen und dem immer wieder einmal ganz bewusst zelebrierten Sonntag im Bett. Je nachdem, welche Art von Duftnote das buchstabenschwangere Papier beim Umblättern geradewegs in meine Nase entsendet, ist dieses Odeur in der Lage, Erinnerungen an Vergangenes hervorzuholen oder meine Vorstellungen über noch Unbekanntes anzuregen. Rinde, Gräser, Zitronensäure, Vanille, Erde oder Russ, jedes Bucharoma hat seinen besonderen Reiz und passt zu einer speziellen Stimmung. Möglicherweise gehöre ich auch aus diesem Grund zu den Büchersammlern, die nichts mehr lieben, als aus einer großen Auswahl schöner Bände just jenes herauszuziehen, das mit dem jeweiligen Moment harmoniert. Meine Leidenschaft…
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STEIERMARK – Die Kraft des Wassers
Die mediale Diskussion darüber, welche Stromgewinnungsvariante aus dem Pool der „erneuerbaren Energien“ einer anderen für den „unausweichlich erforderlichen Ausbau“ vorzuziehen ist, ist in meinen Augen müßig. Vielmehr könnte man die Zeit dafür verwenden, Überlegungen anzustellen, wie der Stromverbrauch wieder reduziert werden kann, genauso wie es meines Erachtens insgesamt lohnenswert ist, sein eigenes Konsumverhalten zu hinterfragen. Seit dem Jahr 1990 ist der Pro-Kopf-Stromverbrauch im Haushalt um über 60 % gestiegen. Den größten Anteil daran haben einerseits Heizungssysteme sowie andererseits Kühl- und Gefrierschränke, gefolgt von Beleuchtung und Warmwasseraufbereitung. Die Kärntner Wasserkraftwerke produzierten 2023 rund 5 TWh Strom und somit mehr als fünf Mal so viel, wie die Kärntner Haushalte verbrauchen (250.000 Haushalte…
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Meister Adebar
Als wir am Ostersonntag die Weißstörche am Bleistätter Moor beobachten durften, erinnerte ich mich an ein flottes Kunstprojekt vom letzten Frühjahr, von dem ich euch noch gar nicht berichtet hatte. Vielleicht haben eure Kinder ja Lust, auch so ein Bild zu gestalten? Linus – damals zehn Jahre jung – begann damit, sein Zeichenblatt vollständig mit blauer Wachsmalkreide zu bemalen, … … und schnippelte daraufhin „Ziegelsteine“ aus dunkelrotem Tonpapier. Damit „mauerte“ er ein weiteres Blatt Papier versetzt zu, … … und schnitt einen Schornstein aus, der auf sein blau bemaltes Hintergrundblatt geklebt wurde. Das Storchennest gestaltete er mit Naturbast und sollte die Kinderstube zweier hungriger Jungstörche werden. Mithilfe eines Glases zeichnete…
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In einem Garten in Ferney …
„Ma très chère amie, je me promène dans mon jardin de Ferney, où les fleurs du printemps commencent à montrer leur éclat. Les muguets, avec leur humble douceur, me font oublier les querelles des hommes et les vanités de Paris. Ces petites clochettes blanches ont plus de philosophie que nos docteurs, car elles se contentent d’être et de parfumer l’air.“ „Meine sehr liebe Freundin, ich spaziere durch meinen Garten in Ferney, wo die Frühlingsblumen beginnen, ihre Pracht zu zeigen. Die Maiglöckchen, mit ihrer bescheidenen Sanftheit, lassen mich die Streitereien der Menschen und die Oberflächlichkeiten von Paris vergessen. In diesen kleinen weißen Glöckchen steckt mehr Philosophie als in unseren Gelehrten, denn…
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Es ist alles Gold, was glänzt.
Menschen als wertvolle Individuen mit ihren jeweiligen höchstpersönlichen Stärken zu betrachten, fördert ein gedeihliches Zusammenleben. Bei einer differenzierten Betrachtungsweise über den Wert jedes Einzelnen in einer Gesellschaft darf man sich seines eigenen Platzes bewusst werden, ohne in anmaßende Hybris zu verfallen. Gleichzeitig darf man erkennen, dass einem die Talente der anderen nicht nur nützlich sind, sondern diese das eigene Leben vielfältig bereichern und sei es nur, weil sie einen Perspektivenwechsel auf die Dinge und Angelegenheiten des Alltags ermöglichen. Für mich persönlich kristallisierte sich im Laufe meines Lebens heraus, dass die Ausgewogenheit zwischen dem Dienst an der Gesellschaft (respektive dem Partner und der Familie) und dem Dienst an sich selbst die…
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Des Kaiserpinguins neue Kleider
Kennt ihr solche oder ähnliche Situationen? Man steht mit den Kindern mitten im Winter am Bahnsteig und ein durchfahrender Güterzug hinterlässt einen unangenehmen, frostigen Luftstrom, dem man nicht wirklich entrinnen kann. „Pinguinkuscheln!“, rufe ich dann hie und da den Kindern zu, die in aller Regel grinsend angewatschelt kommen, damit wir uns gegenseitig ein wenig Wärme schenken können. Szenenwechsel: Antarktis. – 50 °C. Windgeschwindigkeiten von bis zu 200 km/h. Brutzeit der Kaiserpinguine. Während sich die Weibchen um die Nahrungsbeschaffung kümmern, halten die Männchen auf der gut durchbluteten Oberseite ihrer Füße die Eier warm. Um zu überleben, bilden sie ein sogenanntes „Huddle“, welches in komplizierten Wellenbewegungen die einzelnen Mitglieder der kollektiven Kuschelgruppe…