FreiGeist
Freie Bildung und häuslicher Unterricht in Österreich
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Schokolade macht glücklich
Es gibt Familien, die ihren Kindern freien und uneingeschränkten Zugang zu Süßem gewähren. Es gibt Familien, die jeglichen Zucker komplett aus ihrem Alltag verbannen. Und dann gibt es uns. Gleich vorneweg: Es gibt zahlreiche Ausnahmen zu unserer Hausregel, denn Süßes im Rahmen von Festen oder eines anderweitigen geselligen Beisammenseins verwehren wir natürlich auch unseren Kindern (und uns selbst) nicht. Ein wenig Genuss darf das Leben schon bieten, wie ich finde, und in Gesellschaft naschen ist doppelt so schön. Auch macht der fahrende Eiswagen in den Sommermonaten gutes Geschäft mit unseren Kindern, wenn er sich wieder durch sein weithin hörbares Bimmeln ankündigt und die Straßen unseres Stadtviertels abfährt. Von all diesen…
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Kennst du deine Heimat?
Schon in den letzten anderthalb Jahren beschäftigte sich Linus (11) ausgiebig mit dem Thema „Burgen“. In diesem Zusammenhang hatten wir die bekannteste Gipfelburg Kärntens, die „Hochosterwitz“, sowie die größte Wasserburg Österreichs, Burg „Heidenreichstein“ in Niederösterreich, besucht. Dabei thematisierten wir auch wiederholt den Unterschied zwischen Burgen und Schlössern. Dass es aber in und unmittelbar um unsere Heimatstadt Villach mehr gibt als nur die Burgruine Landskron, hatte unser Junge noch gar nicht wahrgenommen. „Wollen wir eine kleine Rundfahrt unternehmen und uns einmal auf die Suche nach den Burgen und Schlössern der Region begeben?“, fragte ich Linus an einem nebelig-trüben Freitag. Von kindlicher Neugierde getrieben ließ er zu Hause alles liegen und stehen,…
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Hinter den Kulissen
Vorlesestunden aus guten Büchern mögen nicht nur für den Zuhörer ein Gewinn sein, sondern auch dem Rezitator Vergnügen bereiten. So kommt es, dass dafür bei uns nicht nur Bilderbücher aufgeschlagen werden, sondern auch anspruchsvollere Werke, die dennoch immer ihr kleines Publikum finden. Wissend, dass das Stadttheater Klagenfurt in der Vorweihnachtszeit Michael Endes Klassiker „Momo“ aufführen würde, begann ich im Herbst, aus dem Buch vorzulesen – zur Einstimmung sozusagen, denn die Karten für das Theater hatte ich natürlich frühzeitig besorgt. Am Abend vor der Darbietung gestattete das Theater – unabhängig vom Schauspiel – wieder einmal einen Blick hinter die Kulissen. Vor Jahren war ich bereits einmal mit unserem ältesten Sohn Gast…
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Leise sprießelt der Klee …
So richtig will der Winter ja wieder einmal nicht in Fahrt kommen. Dabei liegt es gar nicht so sehr an den Temperaturen, sondern schlicht an konsequentem Niederschlagsmangel. Die Kinder jubeln schon, wenn über Nacht die Wiesen wenigstens ein bisschen angezuckert werden. Aber auch das ist eher der Ausnahmefall. „Dann holen wir uns den Winter eben ins Wohnzimmer“, war mein Gedanke und Merlin (5) war gleich Feuer und Flamme. Er liebt es zu malen, bevorzugt in Gesellschaft. Und da seine Geschwister nicht zu Hause waren, griff kurzerhand ich selbst zum Pinsel. Er beobachtete mich ganz genau und imitierte Schritt für Schritt, was ich tat. Es war schlicht sein Wunsch, es mir…
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Hab‘ letztens einen Chemiewitz erzählt. Keine Reaktion.
Meine frühe Idee eines interessanten Chemieunterrichts an einer höheren Schule beinhaltete vor allem laute Explosionen, stinkende Rauchschwaden und einen Professor im weißen Kittel mit verrußten, zu Berge stehenden Haaren sowie versengten Bartstoppeln. Nach dem Abbruch des Gymnasiums war ich in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts an eine BHS mit dem Schwerpunkt Wirtschaft, Chemie und Umweltökonomie gewechselt und war voller Vorfreude auf das Fach „Chemielabor“ gewesen. Bittere Enttäuschung und niederschmetternde Ernüchterung machten sich schon Wochen nach dem Schulwechsel in mir breit. Mitnichten verbrachten wir die Laborstunden – wie ich es mir ausgemalt hatte – ausschließlich mit praktischen Experimenten, sondern überwiegend mit Papier und Bleistift, um die Chemietheorie weiter zu vertiefen…
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Warum Rentiere fliegen können …
Wie auch immer man die teils stürmische Zeit nennen mag, die in Europa durch besonders lange Nächte und eisige Temperaturen ausgezeichnet ist, so liegt ihr in jedem Fall eine gewisse Mystik zugrunde. Julfest, Weihnachten, Raunächte, Wintersonnenwende … Heidnisches vermischt sich mit Christlichem und so manche rituelle Überschneidung lässt sich aus den zahllosen Märchen, Sagen und Legenden herauslesen, die in unzähligen frostigen Winternächten bildreich erzählt und aufgeschrieben worden waren. Die „Wilde Jagd“ ist eine dieser Geschichten. Ob nun der einäugige germanische Gott der Erkenntnis Odin oder Frau Perchta, die alpenländische Göttin der Anderswelt, zum Protagonisten der jeweiligen Erzählung auserkoren wird, stets wird ein Seelenheer der Verstorbenen angeführt und ist den Lebenden…
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Guten Tag, ich bin der Nikolaus …
Meine treuen Leser haben gewiss schon bemerkt, dass ich mit meinen London-Beiträgen ein klitzekleines bisschen hinterher hinke. Die letzten drei Berichte werden in Kürze hier zu lesen sein – mit nur knapp anderthalb Monaten Verspätung. Der Alltag hatte mich nach unserer Rückkehr sofort wieder fest im Griff und so einiges ist innerhalb der Familie im Um- und Aufbruch. Verzeiht also bitte, wenn die Chronologie der Ereignisse nicht ganz gewährt ist. Halbwegs aktuell bin ich aber mit meinem heutigen Thema, das ich kurzerhand einschiebe, um euch mit unserer feierlichen Adventstimmung nicht erst zur Sommersonnenwende anzustecken – obwohl ja der Grundsatz „nach Nikolaus ist vor Nikolaus“ gilt und alles wohl halb so…
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Vom Korn zum Brot
Was die Externisten in Österreich – also jene Schulkinder, die nicht regulär zur Schule gehen, sondern außerhalb des öffentlichen Bildungswesens lernen dürfen – leisten, verdient absolute Hochachtung. Die Externistenprüfungen dienen bei weitem nicht mehr der reinen „Feststellung der Gleichwertigkeit“ im Vergleich zum regulären Unterricht, obwohl dies in Wahrheit der gesetzliche Auftrag wäre. Gerade in der Sekundarstufe treiben die Prüfungen oftmals seltsame Blüten. Man möge mir vor allem in den sogenannten „Lernfächern“ zeigen, dass alle Schulkinder an allen öffentlichen Schulen im Juni die gesamten Lerninhalte des Jahres beherrschen und daraus – ohne jegliche vorherige Stoffeingrenzung – innerhalb von 15 Minuten zwei von drei x-beliebigen Fragen vor einer fremden Prüfungskommission beantworten können,…
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Garben aus Klimt
Als wir uns bei unserer kurzen Bildungsreise nach Wien mit der Architektur des Jugendstils beschäftigten, stolperten wir natürlich über kurz oder lang auch über die Werke des Malerfürsten dieser Epoche, Gustav Klimt. Obwohl unsere Tochter (13) in den Wochen nach unserer Heimkehr die künstlerische Ära des angehenden 20. Jahrhunderts eigentlich wieder ad acta gelegt hatte, kramte sie die Stilelemente Klimts im Rahmen ihres Getreideprojektes wieder hervor. Sie war eingeladen, an ihrer Prüfungsschule einen Vortrag zum Thema zu halten und fertigte in diesem Zusammenhang auch ein Lapbook an, das ich euch in Kürze in einem eigenen Beitrag vorstellen darf. Bei der Gestaltung des Titelbildes zum Lapbook orientierte sie sich vornehmlich an…
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Der Baum der Jugend
Ihre weiße Rinde dient der Menschheit schon seit tausenden Jahren. Dünne Streifen davon sind selbst in feuchtem Zustand mehr als brauchbarer Zunder für ein wärmendes Feuer. Als vielseitiger Werkstoff für die Herstellung unterschiedlicher Gefäße, Schuhe oder Messerscheiden wird sie seit jeher von vielen Kulturen geschätzt. Das aus der Rinde gewonnene Pech macht jedem modernen Sekundenkleber Konkurrenz. Seit dem Mittelalter ist sie außerdem als Naturheil- und Verbandmittel bekannt. Man kann mit ihr Dächer eindecken und Bögen bespannen. Die Rede ist von der Rinde der Birke, dem Baum des Neuanfangs und der Jugendlichkeit. Wenn die Birkenblätter nach dem Winter in einem erfrischend hellen Grün zu sprießen beginnen und gleichzeitig das Licht fast…