FreiGeist
Freie Bildung und häuslicher Unterricht in Österreich
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Auf dich hab‘ ich ein Auge geworfen
Noch nie zuvor waren unsere Kinder in einer dermaßen ausgeprägten Halloween-Laune wie in diesem Jahr. Sogar unser Adoleszenzius ist auf den Zug aufgesprungen. Während ich verzweifelt versuche, dem kommerzialisierten und stark amerikanisiertem Fest zurück zum Ursprung zu verhelfen, sind unsere Kinder der einhelligen Ansicht, dass „Halloween“ viel lässiger klingt als „Samhain“. Gut. Ich komme ja auch aus dem letzten Jahrtausend. Vor diesem Hintergrund sehen mir meine Kinder so einiges nach. Während sich im Haus also ohnedies schon alles um (fast) kopflose Gespenster, picksüße Gräber-Muffins, romantische Glitzervampire und die perfekte Schürfwunden-Schminke drehte, schnappte sich Maja (13) eine meiner Häkelnadeln, plünderte meinen Wollfundus und schmökerte im Internet nach passenden Häkelanleitungen. Bei „Holzmühle“…
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Frankensteins Kreatur trifft Pablo Picasso …
… Monster trifft Genie. Oder anders herum? Wer Mary Shelleys Roman aus dem 19. Jahrhundert kennt, der weiß, dass sich hinter dem unansehnlichen, äußeren Erscheinungsbild des Wesens, das vom ambitionierten Medizinstudenten Victor Frankenstein am Dachboden erschaffen worden war, in Wahrheit ein empfindsamer und sensibler Kern verbarg. Pablo Picasso schaffte es umgekehrt, dass der Glanz seines künstlerischen Schaffens die inneren charakterlichen Schattenseiten seiner Persönlichkeit, die seine zahlreichen Frauen in den Selbstmord oder zu psychischen Zusammenbrüchen trieben, weitestgehend überdeckte. Linus (9) fand jedenfalls einfach die Idee witzig, in der Zeit vor Halloween einen Frankensteinkopf im Picasso-Stil zu kreieren. Nachdem wir uns einige Bilder Picassos angesehen und darüber diskutiert hatten, welche Besonderheiten zu…
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Schwarze Katze von rechts
Wenn unsere Kinder enthusiastisch mit nassen Farben egal welcher Art daherkommen, ergreift mein Mann regelmäßig die Flucht. Ich kann nicht mit Bestimmtheit sagen, welche Szenen sich da in seinem Kopf abspielen, doch müssen es beängstigende sein, die ihn dazu veranlassen, das Weite zu suchen. Ich bekomme zwar bei Kombinationen wie „Permanentmarker und Vierjährigem“ oder „Goldspray und Neunjährigem“ auch hie und da weiche Knie, Wasserfarben können aber meinen Puls nicht nach oben treiben. Linus (9) war schon seit einigen Tagen in Halloween-Laune. In Ermangelung ausreichend großer Schnitzkürbisse, die ich erst noch zu besorgen hatte, beschloss er, etwas zu malen, um sein Zimmer passend dekorieren zu können. Es sollte aber nichts allzu…
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STEIERMARK – Die Hexe der Riegersburg
In der wolkenverhangenen Toskana zu sitzen und über die in der Herbstsonne erstrahlende Riegersburg in der Steiermark zu schreiben ist – gelinde gesagt – paradox. Und doch nutze ich gerade die entspannten Abendstunden unseres Anreisetages in die hügelige Landschaft des Chianti, um mich an den zweiten Tag der kurzen Mädels-Allein-Unterwegs-Bildungsreise von vor zwei Wochen zurückzuerinnern und euch daran teilhaben zu lassen. Vorgenommen hatten wir uns einen Ausflug auf die Riegersburg, welche hoch auf einem zwei Millionen Jahre alten Vulkankegel thront. Die Möglichkeit, mit dem Panoramalift nach oben zu gelangen, schlugen wir aus und bevorzugten es stattdessen, auf Schusters Rappen den Weg zur Burg zu erklimmen. Sieben Tore, elf Basteien und…
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Gegensätze ziehen sich an
Physik – Lieblingsnaturwissenschaft für Jungs und rotes Tuch für Mädchen. Die allermeisten Leser würden wohl vor dem Hintergrund ihrer eigenen Lebenserfahrung bestätigen, dass Klischee und Evidenz in diesem Fall unbestritten nah beieinander liegen. Dies unterstreicht auch die Interessenstudie von Lore Hoffmann und Peter Häußler aus dem Jahr 1995, wonach 60 % der Jungen am Ende der Sekundarstufe das Fach „Physik“ mit „interessant“ oder sogar „sehr interessant“ bewerten – dreimal so viel als Mädchen https://www.pedocs.de/volltexte/2013/8124/pdf/UnterWiss_1995_2_Haeussler_Hoffmann_Physikunterricht.pdf Was jedoch kaum einer weiß: In Wahrheit bekunden Mädchen in der Sekundarstufe sehr wohl Interesse an zumindest ausgewählten Teilbereichen der Physik, die Jungs nicht minder interessieren. Vor allem „Akustik“, „Wärmelehre“ und „Optik“ stoßen auch auf weibliches…
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Postimpressionismus à la Van Gogh – Teil 1
Inmitten des alljährlichen nervenaufreibenden Externistenprüfungsvorbereitungstrubels unserer Tochter (12) muss natürlich nichtsdestotrotz Zeit für ihre beiden großen Vorlieben sein: Kunst und Musik. Van Goghs „Sternennacht“ liebt sie ganz besonders und möchte dieses grandiose Gemälde schon bald in Öl auf Leinwand nachmalen. Natürlich werde ich sie dabei wieder fotografisch begleiten – bleibt gespannt! Um ein wenig in das Thema des Postimpressionismus des ausgehenden 19. Jahrhunderts einzutauchen, setzten wir uns gemeinsam mit dieser Kunstepoche auseinander, diskutierten über die schwierigen Lebensumstände Van Goghs, seine Malerkollegen, denen zu Lebzeiten mehr Erfolg beschert war, und über einige seiner bekanntesten Kunstwerke. Da die Anlieferung der Leinwand ein paar Tage in Anspruch nehmen würde, beschloss Maja, noch ein…
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Das Meer der Gefühle
Nachdem Linus (9) im Rahmen seines Projektes „Licht und Schatten“ ein Plakat gestaltet https://belinda.amplatz.today/freigeist/jetzt-geht-mir-ein-licht-auf/ und einer Bohne beim Wachsen zugesehen hatte https://belinda.amplatz.today/freigeist/linus-und-die-bohnenranke/, griff er noch eine Mal- und Zeichenidee auf, über die ich gestolpert war. Obwohl unser Kunst- und Bastelfundus für einen Privathaushalt nach meinem Dafürhalten nahezu gigantische Ausmaße aufweist, musste ich dieses Mal tatsächlich zwei Dinge besorgen. Zum einen benötigten wir eine selbstklebende Folientasche mit einer Einschuböffnung auf der langen Seite, zum anderen Super-Duper-Ultra-Permanentmarker, die auch ganz sicher nicht auf der Folie verwischt werden konnten, selbst wenn eine Volksschülerhand versehentlich darüberstrich. Eltern mit kleineren Kindern seien hinsichtlich dieser Stifte wirklich eindringlich vorgewarnt: Diese Marker lassen sich vermutlich nur mit…
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Happy Lettering
Könnt ihr euch noch an Majas erstes Happy-Painting-Bild erinnern? https://belinda.amplatz.today/freigeist/happy-schaf/ Seitdem sie diese kunterbunte Technik im nebelig-grauen Herbst des letzten Jahres erstmals für sich entdeckt hatte, war sie nicht mehr zu halten. Aquarellfarben, Fineliner, Kalligraphiemarker und Brushpens gehörten fortan zu den am häufigsten verwendeten Mal- und Schreibutensilien des Hauses. Eigentlich brachte mich dann eine Freundin auf Melanie Riemer, eine wundervolle junge Frau und Mutter aus Klagenfurt, die von sich selbst erzählt, dass sie sich lange für künstlerisch unbegabt hielt. Spätberufen sozusagen stolperte sie über das „Happy Painting“ von Clarissa Hagenmeyer auf die bunte Seite des Lebens und richtet mittlerweile ein recht breites künstlerisches Angebot an Privatpersonen und Unternehmer https://www.melanie-riemer.at/ Maja…
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Linus und die Bohnenranke
Zuletzt erzählte ich euch von unserem Licht-und-Schatten-Projekt, erinnert ihr euch? Linus (9) hatte sich mit künstlichen und natürlichen Lichtquellen beschäftigt und ein Plakat zum Thema gestaltet. https://belinda.amplatz.today/freigeist/jetzt-geht-mir-ein-licht-auf/ „Was haben eigentlich Bohnen mit Licht zu tun?“, fragte mich mein Mann mit einer hochgezogenen Augenbraue, die unmissverständlich andeutete, dass sich der Zusammenhang nicht unmittelbar für ihn erschloss. Als ich zu einer Antwort ansetzen wollte, fuhr schon Linus (9) selbst dazwischen: „Da kommt ja nicht überall Licht rein!“ Ganz genau! Das war der Plan. Wir hatten drei Filmdosen vorbereitet, die mit jeweils zwei Bohnen bestückt wurden. An alle nach der Jahrtausendwende geborenen Leser: Filmdosen waren lichtdichte Schutzbehälter für Filmrollen, die man anno dazumal…
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Jetzt geht mir ein Licht auf!
Lieben eure Kinder Taschenlampen auch so sehr wie unsere? In unserem Haus sind diese tollen Lichtspender gefühlt dauernd in Verwendung, egal ob zum heimlichen Lesen unter der Bettdecke oder für das gruselige Schattentheater im abgedunkelten Schlafzimmer. „Warum nicht den Sturm der Begeisterung aufnehmen und ein Projekt daraus machen?“, dachte ich mir, ließ in meinem Kopf die Gedanken reifen und bereitete auch schon das eine oder andere Material vor. Da wir in den letzten Jahren besonders Linus‘ Faible für Physik und Technik gewahr wurden, stimmte ich die Angebote überwiegend auf ihn ab. Eigentlich wollte ich zuallererst eine Sonnenuhr mit ihm bauen, doch irgendwie spielt das Wetter in diesem Frühling überhaupt nicht…